
Ein Ziel von Schule kann es sein, den Lernenden immer wieder die Möglichkeit zu geben originäre und authentische Lernerfahrungen zu machen. Dies ist besonders wertvoll, wenn das Lernumfeld die Natur oder auch ein von Menschen gestaltetes natürliches Umfeld ist. Der Erdvogel ist ein solches von Menschen gestaltetes natürliches Umfeld. Das Familiengartenprojekt in Wald ZH, in dem rund 22 Erwachsene mit ca. 12 Kindern gemeinsam einen Gemüse- und Wildnaturgarten gestalten, ist das Ziel einer 6. Klasse aus Zürich. Über den Erdvogel wurde schon im Dezember 2021 in Nature Flow berichtet: www.erdvogel.ch

Immer wieder sind Gruppen im Erdvogel-Garten zu Besuch, um das Projekt kennen zu lernen oder eben, wie am 12. Mai 2022, um als Schulklasse ganz konkrete Erfahrungen in einem Gemeinschaftsgarten zu machen.
Noemi Lang selber ein ‘Erdvogel’ ist eine der beiden Lehrpersonen und ist in ihrer Freizeit dort selber aktiv. So lag die Wahl des Reiseziels, für einen bewegten Schultag bald fest und die Klasse widmete die Hin- und Rückreise sowie 4 Stunden Aufenthalt dem ErdVogel Garten. Mit grosser Neugier kam die Klasse am Eingang an. Der grosse Weidenbogen wirkte wie ein magisches Tor, durch welches die Schulklasse eine andere Welt betreten konnte.
Geschwungene Wege ziehen sich durch den Garten und mittendrin ist ein runder Platz, der als Paradies bezeichnet wird. Dort lässt es sich vortrefflich sitzen, über die Geschichte und die Hintergründe des Familiengartens erzählen und man kann den schönen Garten einfach auf sich wirken lassen.

Doch dabei sollte es nicht bleiben. Vier Erdvogel-Gärtnerinnen kamen und boten den Schülerinnen Workshops an. Es handelt sich um konkrete Arbeiten, bei denen gerade Hilfe gebraucht wurde. So konnten Setzlinge im Gewächshaus pikiert und gepflegt werden. Einige Setzlinge konnten sofort ausgepflanzt werden. Ihnen wurde reifer Kompost ins Pflanzloch gegeben, damit sie gute Nährstoffe zur Verfügung haben. Den Chefen, die mit ihren Ranken nach Kletterhilfen hangeln wurde ein Gerüst aus Ästen und Schnüren gebaut. In den Beeten ist viel Beikraut und droht das junge Gemüse zu überwuchern. Hier hiess es jäten und das Gjät zum Kompostplatz bringen. Am Kompostplatz wurde dann das Gjät zerkleinert, um es dann gut gemischt und mit Pflanzenkohle vermengt in den Rahmenkompost einzufüllen. So schliesst sich ein Kreislauf und den Lernenden konnte ein sinnvolles Zusammenwirken der verschiedenen Arbeiten vor Augen geführt werden.

Wild und hilfreich
An mehreren Orten im Garten sind wilde Beete versteckt, auf denen Wildkräuter, Steinhaufe, Altholz oder Sandgruben integriert sind. Diese Beete dienen der Artenvielfalt nicht der Gemüseproduktion. Sie sind mit Strukturen ausgestattet, welche Bienen und Wespen helfen im Garten heimisch zu sein und mitzuhelfen. Auch die Blindschleichen, Eidechsen oder Erdkröten die dort wohnen helfen im Garten mit. Schnecken gehören auf ihren Speiseplan. Die Wespen sammeln Raupen z.B. vom Kohlweissling, der die Kohlpflanzen befällt und füttern mit den Raupen ihre Brut. Die Wildbienen wiederum sind besonders wichtig bei der Befruchtung der Blüten der Nutzpflanzen. Ohne diese gibt es keine Zucchetti, Kürbisse oder Beeri.
Das Netz des Lebens ist dicht geflochten und für die vielen wichtigen Organismen darin braucht es jeweils einen teilweise speziellen Lebensraum, in dem sie gedeihen können. Im Erdvogel Garten sind solche Lebensräume integriert. Damit konnte den Lernenden ein Einblick in die komplexen Zusammenhänge eines Ökosystems vermittelt werden.
Ein Sprung ins kalte Wasser
Geplant sind solche Schulreisen sachlich und strukturiert. Es lohnt sich, sich immer wieder vor Augen zu führen, wie komplex die Lernerfahrungen bei Schulreisen im Allgemeinen sind und vor allem solche in einem natürlichen Umfeld. Hier sind die Lösungsansätze für die aktuellen Herausforderungen nicht durch didaktisch aufbereitete Lernvorgaben intendiert, hier ist das Leben am Werk.
Den Lernenden werden die Setzlinge gezeigt. Die Pflänzchen brauchen Wasser. Okay, Problem erkannt. Was braucht es zur Lösung dieser Aufgabe? Wo sind Spritzkannen? Wo gibt es Wasser? Wie müssen die Pflanzen gegossen werden, damit diese keinen Schaden nehmen? Wer ist dafür die Ansprechpartnerin?
Eine andere Gruppe der Schulklasse interessiert sich für das Kompostieren. Es werden die verschiedenen Kompostmethoden kurz erklärt und das Ziel dahinter. Eine andere Gruppe bringt gejätete Beikräuter, die zerkleinert werden sollen. Womit wird das Gjät zerkleinert? Wie verwende ich den Gertel sicher? Welche Materialien sollen zusammen gemischt werden, damit der Kompostprozess gut funktioniert?

So verging die Zeit bis zum Mittag wie im Flug. Da es ein sehr heisser Tag war, unternahmen einige einen Abstecher zum Bach, um wirklich eine Sprung ins kalte Wasser zu wagen. Die anderen halfen dabei das Feuer bereit zu machen, damit die Würste und das Schlangenbrot zubereitet werden konnten.
So scheu sich die Klasse zu Beginn im Erdvogel Garten bewegte, so ausgelassen und herzlich war dann der Abschied. Hier sind einige Rückmeldungen, die von den Lernenden an den Erdvogel gemailt wurden und veranschaulichen, was die Kinder mitgenommen haben.


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