Wilde Tiere vor der Haustüre – wie können wir sie retten?

Das Insektensterben ist eine Tatsache. Insekten sind wertvolle Helfer unserer Ökosysteme. Das Verschwinden von Insekten hat einen massiven Einfluss auf das Überleben anderer Arten. Dieser Verlust bedroht unsere Lebensgrundlage, denn das Ökosystem ist wie ein Sicherungsnetz: Grosse Teile des Lebensnetzwerks auf der Erde und einzigartige ökologische Funktionen stehen auf dem Spiel. Erfahre von Umweltwissenschafter Thomas Marty am 12. Juni in seinem KursVielfalt der Krabbeltiere„, wieso die Welt der heimischen Insekten nicht nur bizarr, sondern auch unglaublich wichtig für all unsere Ökosysteme ist.

Nature Flow: Gerade die Insekten selber haben trickreiche Überlebensstrategien entwickelt. Welche findest du am erstaunlichsten?

Thomas Marty: Erstaunlich sind sehr viele davon: Käfer, die im Hinterleib zwei verschiedene Chemikalien mischen können, die dann explodieren und 100 Grad heiss werden. Andere, die über Infrarotsensoren verfügen, um Waldbrandherde aufzusuchen, weil sie ihre Eier auf verkohlte Baumstämme legen wollen. Schmetterlingsraupen, die sich in die Duft-Sprache von Ameisenstaaten einhacken, um sich Hilfe von den wehrhaften Tieren zu erschleichen. Holzwespen, die sich mit Pilzen zusammentun, um ihre Lieblingshölzer damit zu infizieren, die dann für sie vorverdaut werden…. und vielerlei mehr. Am erstaunlichsten ist die Vielfalt dieser Strategien ansich. Insekten haben sich in einer fast unglaublichen Art ganz enge ökologische Nischen, extreme Spezialisierung, ähnlich der menschlichen Arbeitsteilung in der Berufswelt – angeeignet. Dass es dabei fast nichts gibt, was es nicht gibt, und das nicht nur an Orten wie im Amazonasregenwald, sondern direkt an unseren Waldrändern, das ist für mich das Faszinierendste an der Insektenwelt.

Und dennoch reichen diese Strategien ihnen selbst nicht, um sich gegen ihre Vernichtung zu schützen. Eine Massnahme gegen den Verlust ist auch, die Vielfalt der Krabbeltiere besser zu verstehen. Was können wir dafür tun?

Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen besteht hier eine grosse Chance. Wenn wir es bei ihnen schaffen, die Faszination für Insekten, und überhaupt für Biodiversität wieder zu wecken, dann sind Weichen für die Zukunft gestellt. Denn nur was man kennt, kann man wertschätzen. Und nur was wertgeschätzt wird, wird schützenswert. Wir können hier mit Jugendarbeit versuchen, die menschliche Entfremdung von der Natur in zukünftigen Generationen umzudrehen.

Also, höchste Zeit zum Handeln! Die kleinen Krabbel- oder Flugtiere sind wichtig für die Bestäubung und die Zersetzung für den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit. Wie sichern Insekten unsere Ernährung?

In vielerlei Hinsicht. Sehr bekannt ist ihre Rolle in der Bestäubung, was für die Nahrungsmittelproduktion natürlich essenziell ist. Aber Insekten erfüllen viele weitere ökologische Funktionen. So etwa die Regulation von der Verteilung der Arten überhaupt, seien es Pflanzen, die von Insekten konsumiert werden, oder Insekten selbst, die von anderen parasitiert werden. Die schiere Anzahl an Möglichkeiten, die sich aus der Vielzahl an Insektenarten ergibt, macht Ökosysteme, und damit auch landwirtschaftliche Produktion, erst resilient – also weniger anfällig gegen Störungen.

Mit euch geht es am 12. Juni auf Entdeckungstour zur Faszination der Insektenwelt, die direkt im Wald in unserer Nähe stattfindet. 2020 war euer Kurs ausgebucht, wie entfacht ihr dieses Jahr die Begeisterung eurer Teilnehmer*innen?

Mit Geschichten über Insekten, die anmuten, als entstammten sie dem vorher erwähnten Regenwald am Amazonas, oder sogar gänzlich der Fantasie – und die doch tatsächlich hier uns jetzt, oft aber ausserhalb des Auges eines Betrachters, stattfinden. Und natürlich auch mit ganz vielen ganz realen Begegnungen mit den Tieren, die in Formen- und Farbenvielfalt kaum zu übertreffen sind.

Thomas Marty, Umweltwissenschafter, Insekten- und Pflanzenkundiger, der naturkundliche Führungen (in Auenlandschaften, Obstgärten, über Insektenvielfalt) für verschiedene Organisationen, wie unter anderem für die Genossenschaft Feuervogel für Naturpädgogik gibt

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Redaktionsleitung: Christoph Lang, Nadja Hillgruber

Redaktionelle Gestaltung und Umsetzung: Nadja Hillgruber

Bildnachweis: © Genossenschaft Feuervogel für Naturpädagogik

Das digitale Fachblatt “Nature Flow” ist in seinem 12. Erscheinungsjahr unter dem Dach der Feuervogel Genossenschaft für Naturpädagogik in der Schweiz

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