Entdecke mit einer Portion Lust und ohne Scheu den einfachen Naturhandwerker in dir und bringe Kinderaugen zum Leuchten
Sabine Simeoni macht mit ihrem Buch Lust und Mut mit einfachen Naturmaterialien kreatives Handwerk nachzumachen und auszuprobieren. Mit ihren Ideen möchte sie den verborgenen Samen in den Menschen aufbrechen und motivieren Zeit für sich und die Familien neu zu erleben.
Infothek Waldkinder: Der Name des Buches «Wildes Naturhandwerk» macht neugierig. Das klingt nach Ursprünglichem, das in der freien Natur lebt und wächst. Wie kam es zu dem Buchtitel?
Sabine Simeoni: Die Botschaft des Titels soll auf jeden Fall bereits der Hinweis darauf sein, dass in diesem Buch das ursprüngliche Handwerk gemeint ist. Die Dinge, die ich hier beschreibe, werden mit dem einfachen Material aus der Natur hergestellt. Ursprünglich trug das Buch den Arbeitstitel «Wildes Urhandwerk», weil wir in unserer Wildnisschule bereits viele Workshops mit Urhandwerk angeboten haben. Jedoch ist «Wildes Naturhandwerk» geläufiger.
Was ist dir wichtig beim Begriff «Naturhandwerk»?
Ich möchte mit dem Naturhandwerk viele Menschen ansprechen. Dabei ist mir wichtig, dass wir Materialien aus der Natur verwenden.
…ich bin mit einem ganzheitlichen Verständnis in der Natur unterwegs…
Das unterstreicht auch mein ganzheitliches Verständnis wie ich in der Natur unterwegs bin. Die Inhalte machen Mut und sich zu trauen in der Natur unterwegs zu sein. Oft scheitern wir daran, mit Kindern etwas Handwerkliches zu machen, weil das Material erst mühsam gekauft werden muss. Das hält davon ab, überhaupt erst anzufangen. Das Buch ist das richtige Handwerkszeug und inspiriert, dass die Menschen mit ganz wenig und einfachen Dingen wunderschönes Handwerk machen können.

Welche Zielgruppen willst du mit dem Buch ansprechen?
Neben Pädagogen, spreche ich auf jeden Fall die Familien an. Denn ich kenne das aus eigener Erfahrung.
Zielgruppe: Pädagogen und Familien…
Jahrelang werden irgendwo Fundsachen aus den Ferien, Ausflügen und Touren gelagert und keiner macht etwas daraus. Den Menschen will ich vermitteln, dass sie gleich anfangen können, um etwas daraus zu bauen und das sogar das ganze Jahr hindurch. Dazu braucht es keine grossen Vorbereitungen, um aus den wunderschönen Sachen das Naturhandwerk anzuwenden.

GRATIS für DICH! Einfach draussen!
14 Stimmen aus der Schweiz, Deutschland und Frankreich zeigen eine fundierte Auseinandersetzung mit unserem wichtigen Zukuntsthema «Einfach draussen» sein.
Praxisbeispiele laden dazu ein, wie mit «Draussen lernen» – «Draussen unterrichten» – «Draussentage» neue Perspektiven und Wegen einzuschlagen sind.
Es gibt verschiedene tiefe Sinneserfahrungen, um die Natur kennenzulernen. Die verschiedenen Techniken die in dem Buch vorgestellt werden, machen es möglich auch konzentriert die Natur wahrzunehmen und zu erleben. Was war dein Wunsch bei der Zusammenstellung der Themen?
Auf den ersten dreissig Seiten habe ich kompakt zusammengefasst, um was es überhaupt beim «Natur Mentoring» geht. Ohne belehrend zu wirken, beschreibe ich diese Kernroutinen, die diese tiefe Naturverbindung ausmachen.
Der Leser soll Lust darauf bekommen, das nachzumachen und umzusetzen…
Der Leser soll Lust darauf bekommen, das nachzumachen und umzusetzen. Wichtig ist mir, dass der spielerische Ansatz des Kindes Geist immer mit dabei ist und einfliesst.
Worauf legst du den Fokus bei den ausgewählten Ideen in deinem Buch?
Es geht um das miteinander Sein. Dabei sind die Ideen so beschrieben, dass Familien und auch Pädagogen, die mit Kindern und Erwachsenen in der Natur zusammenarbeiten, ein Rahmen geboten wird, in dem sie sich selbst ausprobieren können. Es ist ein Prozess des Tuns, bei dem nichts vorgesetzt ist, wie wir das sonst gewohnt sind. Es geht nicht nur darum, das Ergebnis des Handwerks direkt vor Augen zu haben, sondern erst mit Wahrnehmungsübungen die Begeisterung zu entfachen und die Menschen ankommen zu lassen. Der Fokus liegt darauf, dass man über die Wahrnehmungen wieder in einen anderen Rhythmus zu sich selbst zu finden. Dann beginnt auch der handwerkliche Prozess. Was am Ende dabei herauskommt, ist gar nicht so wichtig, sondern der Raum dafür zu bekommen, sich auszuprobieren, auch mal zu scheitern zu dürfen.

Unsere Kultur konnte entstehen, weil wir durch Nachahmungs- und Beobachtungslernen uns weiterentwickelt haben. Dieses Urbedürfnis braucht frische Nahrung, weil die Menschen dabei sind altes Handwerk zu verlernen. Wie können wir es unterstützen, spielerisch die Menschen in tiefer Verbundenheit mit Interaktionen, wieder in die Natur zu locken?
Aus meiner jahrelangen Erfahrung, ist die frische Nahrung, die es braucht, dass die Menschen dort abgeholt werden, wo sie gerade stehen. Ich plane wenige strukturierte Aktionen, um sie den Menschen zu präsentieren.
…Menschen dort abholen wo sie stehen…
Es geht mir hierbei nicht darum einen strukturierten Tagesplan durchzuziehen. Sondern wenn ich mit Menschen in der Natur unterwegs bin, schaue ich, was ist das Bedürfnis der Gruppe, wenn sie bei mir ankommen. Eine Erfahrung, die ich gemacht habe, dass die Teilnehmer spüren, ob man sie dort abholt, wo sie sind. Das spricht sich rum und sie kommen gerne wieder.
Würdest du sagen, dass dies ganz wesentlich mit der eigenen Einstellung etwas zu tun hat?
Ganz richtig, das hat etwas mit meiner Einstellung zu tun. Das ist meine innere Haltung, die ich mitbringe. Ich selbst sehe mich als Samen Säherin und kann von mir selbst loslassen. Ich setze einen Samen bei den Menschen, die zu mir kommen.
Ich sehe mich als Samen Säherin und möchte nicht missionieren…
Beobachten kann ich, dass es Menschen gibt bei denen der Samen sofort keimt. Sie bekommen gar nicht genug. Bei anderen dauert das Aufkeimen etwas, die brauchen von aussen noch irgendwelche Zutaten, dass der Samen bei ihnen wirken kann. Dabei möchte ich nicht missionieren, denn der Samen ist gelegt und wird zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgehen.
Wie könnte dieses «Samen sähen» konkret bei Familien angeboten werden?
In meiner Wildnisschule sind Familien und Menschen zu Gemeinschaftsfeuer eingeladen. Die sich dafür interessieren und neugierig sind dürfen kommen. Diese Begegnungen fangen an zu reifen und brauchen Zeit. Gerade Familien brauchen Zeit, um wieder etwas für sich selber zu machen und nicht nur fremdbestimmt unterwegs zu sein.
Langfristig sind wir alle mit unseren Naturangeboten auf dem richtigen Weg…
Sich miteinander bewusst in der Familie spüren, darum geht es mir bei diesen Anlässen. Für mich ist es dann wunderbar zu sehen, was dabei entsteht. Langfristig sind wir alle mit unseren Naturangeboten auf dem richtigen Weg. Das ist für mich auch motivierend, ich merke Menschen werden sensibilisiert, sind aufmerksam und spüren als Familie, wie wichtig Naturerfahrung für sie ist.

Naturhandwerk ist altes überliefertes Wissen unserer Ahnen und der nativen Völker. Warum meinst du, dass viele kleine Naturerlebnisse für Menschen eine Rückbesinnung zu ihrer sinnlichen Wahrnehmung ist?
Es ist etwas von Urwissen, dass wir in uns tragen. Eine Essenz, die einfach nur verschüttet wurde. Bei Kindern können wir sehen, dass sie wieder schneller zum Vorschein kommt. Bei meinen Workshops mit Erwachsenen beobachte ich, dass das Aufbrechen länger geht. Sobald der Aha-Effekt eintritt, erscheint dieses Leuchten in den Augen.
Jetzt bin ich wieder in die Mitte gekommen!…
Eine Frau sagte einmal in meinen Kursen, «Jetzt bin ich wieder in die Mitte gekommen! Ich bin Jahre um mich selber gekreist, aber jetzt spüre ich meine Mitte wieder.» Das ist diese Essenz, die wir in uns tragen, dieses Urwissen. Viele kleine Wahrnehmungen, die man in der Natur erlebt und eine Verbindung dazu aufbaut, verändern das Gehirnmuster im positiven. Diese Wahrnehmungen dehnen sich dann auch auf den Alltag aus.

Ich hatte auch so tolle Grosseltern, wie du in deinem Buch deinen Opa beschreibst. Gerne erinnere ich mich an Zeiten über das ganze Jahr hindurch, wie ich mit ihnen im Garten und in der Natur zeitlose Unbeschwertheit erlebte. Heute weiss ich diese Zeit zu schätzen, was mir ihr Bewusstsein für meine Entwicklungsfreiheit gegeben hat und einen kostbaren Samen säte. Ich hatte Zeit Fragen zu stellen und zu beobachten. Was ist das Besondere an dieser Lerntechnik, die du selbst auch erlebt hast?
Mein Opa war ein talentierter Handwerker und ich war viel mit ihm in der Natur unterwegs. Was und wie er es mir gezeigt hat, ist auch jetzt gerade wieder aktuell, es ist die bedürfnisorientierte Erziehung, die mich jetzt selbst als Oma beschäftigt. Was ich bei meinem Opa erfahren habe, war, dass er mich zu 100% so genommen hat, wie ich war. Er ging auf meine Bedürfnisse ein, er reflektierte mich auch in gewisser Weise.
Ich konnte mich in ihm spiegeln, weil ich Zeit hatte, ihn zu beobachten und nachzuahmen…
Ich konnte mich in ihm spiegeln, weil ich Zeit hatte, ihn zu beobachten und nachzuahmen. Durch das Beobachten konnte ich mich selbst ausprobieren. Er hat mir durch kleine Gesten gezeigt, mich selbst intuitiv zu hinterfragen, mir selbst Fragen zu stellen, egal worum es in meinem Werden als Kind ging. Diese Beziehungskultur finde ich sehr wichtig, denn Kinder brauchen Zeit.
Mir gefällt, dass viele deiner Impulse in den Kapiteln des Natur- und Kräuterhandwerks und aus der Werkstattküche mit einer Geschichte oder Hintergrundwissen einleitend erzählt wird. Das Interesse mittels Fragen an die Menschen weiterzuführen, wo die Antwort nicht gleich parat ist, aber sie vielleicht erahnt oder erraten werden kann, beruht auf dem «Coyote Teaching». Warum kann so von einem ganz anderen Blickwinkel für ein Thema sensibilisiert werden?
Ich würde es auch als diese unsichtbare Schule bezeichnen. Das unsichtbare Lernen, das einfach passiert. Genau diese Herangehensweise habe ich bei den Einleitungen zu den Ideen in dem Buch verpackt.
Jede Geschichte hat so ihre unsichtbare Schule in sich…
Die Geschichten, die ich beschreibe, haben sich mit Kindern ereignet und sind auch wirklich passiert. Jede Geschichte hat so ihre unsichtbare Schule in sich, so dass der Lerneffekt nebenbei geschieht. Diese Geschichten mit Hintergrundwissen habe ich bewusst gewählt, denn sie haben auch immer so eine kleine Essenz der Sensibilisierung in sich.

Dann verstehe ich es richtig, dass mittels «Coyote Teaching», die Angst davor genommen wird, an einer Frage oder Aufgabe zu scheitern, was in unserer Gesellschaft so nicht mehr erlaubt ist. Wie siehst du das?
Das schlimme ist, wenn du einem Kind sofort die Frage beantwortest, damit wird dem Kind die Begeisterung sofort genommen. Denn das Kind hat die Antwort, läuft weiter und vergisst dabei, was es ganz interessantes dazu gab. Das wichtige ist, eine Gegenfrage zu stellen, oder sich selber einzugestehen «Was könnte das sein?» oder «Warum ist es so passiert?» Das bringt das Kind in einen ganz anderen Prozess hinein, die Kinder fangen an zu überlegen.
Coyote Teaching entzündet in dir die Neugierde mehr wissen zu wollen…
Ich gehe nicht mit den Kindern in den Wald, um Wissen einzufangen, sondern es geht darum, dass daraus etwas entsteht. Coyote Teaching entzündet in dir die Neugierde mehr wissen zu wollen. Man bleibt nicht an der Oberfläche, sondern taucht tiefer in das zu Ergründende ein. Intuitiv lernen wir mit dieser Technik, lösungsorientiertes Lernen.

Du beschreibst «den Fuchsgang» und «den Eulenblick» in deinem Buch. Was meinst du, können Erwachsene und Kinder für Erfahrungen aus dem Umherstreifen im Wald erspüren?
Das ist eine spielerische Methode, die man bereits mit jüngsten Kindern machen kann. Bevor ich mit den kleinen zweieinhalbjährigen Waldwichteln in den Wald gehe, werden sie zu Füchsen und Eulen.
Sie tragen diese Erfahrung in ihrem Herzen mit…
Sie lernen spielerisch ihren Schritt zu verlangsamen, ihre Wahrnehmung umzustellen und Dinge anders zu beobachten und tragen diese Erfahrung in ihrem Herzen mit. Das tolle ist, dass die Kinder so schon bewusst in den Wald gehen. Ohne belehrend zu wirken, in dem ich sage, «So jetzt wir alle in den Wald, seid mal still, wir wollen Tiere beobachten». Denn das kommt bei Kindern überhaupt nicht gut an.
Welchen Herzenswunsch hast du dir selbst mit dem Buch erfüllt?
Ich habe auf einmal gespürt, das ist ja genau mein Anliegen, das in die Welt hinauszutragen. Menschen die noch nie mit Wildnis-, Natur-, oder Waldpädagogik und Natur Mentoring in Berührung gekommen sind, denen etwas in die Hand zu geben.
Ein Handwerkszeug, um sich selbst neugierig zu machen für einen Weg…
Ein Handwerkszeug, um sich selbst neugierig zu machen für einen Weg, den sie gerne einschlagen möchten und ausprobieren wollen. Für mich ist das ein Herzensweg, den ich gehe, Leser für das Naturhandwerk zu interessieren und sie auch nicht zu überfordern.


Das digitale Fachblatt “NatureFlow” bietet konkrete Themen nach den Grundlagen der Naturpädagogik und erdgerechte Zukunftsideen.
Ob als Waldspielgruppenleiterin, Waldkindergärtnerin, Lehrperson, Pädagogen und Erwachsenenbildner oder Draussen Familien, alle finden nahrhaftes Wissen bei uns.
Redaktionsleitung: Christoph Lang, Nadja Hillgruber
Redaktionelle Gestaltung und Umsetzung: Nadja Hillgruber
Bildnachweis und Text: © Sabine Simeoni
Das digitale Fachblatt “Nature Flow” ist in seinem 11. Erscheinungsjahr unter dem Dach der Feuervogel Genossenschaft für Naturpädagogik in der Schweiz