Aus den Wurzeln der Kindheit wächst Naturbeziehung

von Andrea Schneider

In unserer Kindheit waren unsere Sinne noch hellwach. Mit allen Sinnen haben wir gespürt und wahrgenommen, mit den Händen begriffen, mit dem Mund ertastet und geschmeckt, mit den Ohren gehorcht und mit den Augen bewundert. Nach und nach verfeinerten sich unsere Sinne – und hätten wir im Wolfsrudel gelebt – dann wären wir jetzt Sinnes-Expert*innen.

Es waren aber Mutter und Vater, die uns an die Hand nahmen oder andere uns liebe Menschen, die vor- neben und mit uns gingen – und uns Schritt für Schritt Lehrmeisterin und Lehrmeister waren und uns (wenn wir Glück hatten) die Welt mit all unseren Sinnen entdecken liessen. Wir durften dem Wind, dem Lachen und dem Klang des Gutenachtliedes lauschen. Dem Spiel der Blätter über uns zusehen und all die Farben der Natur und die Bewegungen unserer Umgebung entdecken.

Mit baren Füssen in den nassen Sand oder die weiche Gartenerde unsere Fussspuren eindrücken. Genüsslich jegliche Konsistenzen von Lebensmitteln in unseren Händen ertasten und dann im Mund erschmecken. Mit der Nase unsere Zugehörigkeit oder Fremdheit erschnuppern. Mit den Händen begreifen, was unser Verstand noch nicht zustande brachte und nachahmen, was uns vorgelebt wurde. Wir genossen vielleicht die Möglichkeit, eigenständig auszuprobieren, zu versuchen und zu probieren. Wir lernten aus Fehlern und Misserfolgen, bis wir glücklich endlich das schafften, was unser Ziel im Hier und Jetzt war. Unsere Motivation war der intrinsische Antrieb, war unsere Hingabe und unser Fokus.

Jetzt sind wir erwachsen! Wo ist diese Herzensmelodie jetzt? Wo dieses tiefe und zeitlose Einlassen? Und wo die Geduld mit uns selber, wenn wir etwas nicht sofort können oder begreifen? Zeit ist Mangelware! Selten können wir ausprobieren – alles müssen wir sofort können.

Aber heisst es nicht auch: Er-wachsen -sein?

Ist nicht dies das Zauberwort, das wir uns wieder und wieder in unsere Herzen singen sollten? Auch als erwachsene Menschen dürfen und sollten wir immer «wachsen» und «Sein»! Da, hilft uns die Natur – sie kann uns ein grosses Vorbild sein.
«Wachsen» und «Sein» – in den vier Jahreszeiten, in den vier Elementen und den vier Himmelsrichtungen. Jeder Tag wird neu geboren, jede Jahreszeit wächst in ihrer Art und alle Elemente können nur sein, weil sie sich gegenseitig nähren und unterstützen.

Stell dir vor, wie du draussen in der Natur bist. Wie du einfach «Sein» darfst. Zeit, Musse und die Stimmung da ist, um einfach einzutauchen und mit allen Sinnen wahrzunehmen. Die Bewegung der Luft, ihre Schwingungen über der Wiese, hoch in die Baumkronen und im ganzen Raum (im Äther) rund um uns. Der frische Duft von Frühlingsgrün, der harzigrauchige des Feuers. Das Lauschen in das Knistern und Knacken, in die reich gefüllte Stille des Waldes. Die wohlige Wärme, die das Feuer verströmt. Der kühlende Schatten der Bäume im Sommer. Die Erde unter unseren Füssen und unseren Fingernägeln – Dreck? – nein, echtes Eingraben, sinnliches Fühlen im Element Erde. Die Regentropfen auf unserem Gesicht, die exzentrischen Kreise die sich von den Tropfen in der Pfütze bilden. Reinspringen ins Nass – wie früher als Kind – jauchzen und spritzen? Nein – wir sind doch erwachsen, sind über solch authentische Spielereien hinausgewachsen. Wissen, danach sind wir pudelnass, danach riechen unsere Kleider nach Feuerrauch, danach sind unsere Haare zerzaust und die Kleider voll Erde. Wir denken an das «Danach» und vergessen dabei das Tun, Leben und Erfahren im «Jetzt»!


Erwachsen – könnte es vielleicht auch heissen: ERWACHsEN? Erwachen aus dem starren Müssen und Sollen – erwachen und einwachsen in die Faszination Natur? 

Mit der Natur auf «Du» und «Du» – der Natur wieder nah sein?

Komm wieder in den Kreis am knisternden und wärmenden Feuer!

Singe die alten, erdig, fröhlichen Lieder!

Tanze den Tanz des Lebens in der Leichtigkeit der Luft!

Höre auf die Melodien des plätschernden Regens und der erdigen Klänge in deinen Wurzeln!

Vielleicht magst du die Erinnerungen wachrufen und eine grosse Dankbarkeit an dir liebe Menschen schicken, die dich als Kind in die Natur begleitet haben. Die dich hinführten zu den unzähligen kleinen Wundern im Hier und Jetzt, draussen in der Natur. All diese sinnlichen Eindrücke haben dich als Kind geprägt und Wurzeln wachsen lassen für Erfahrungen die keimen durften und deine innere Natur stärkten. Es ist erwiesen, dass das kindliche, sinnliche Experimentieren, die freie Bewegung und das zeitlose Eintauchen ins beseelte Spiel mit unstrukturiertem Material, das Grundgefühl öffnen für vielfältiges, tiefes Lernen in der Natur.

In unserer Kindheit liegt also der Schlüssel zu unserer heutigen Naturbeziehung. In unserer tiefen Erinnerung wächst sie selbst in unser Erwachsensein. Sie berührt, sie strahlt, sie wärmt, sie zerzaust, sie klingt, sie tropft und wartet schon lange darauf, wieder von uns entdeckt und erweckt zu werden. Nähre deine Naturbeziehung, die Samen, die in deiner Kindheit gesät wurden. Wässere sie mit all deinen Wünschen und Hoffnungen, Träume mit ihnen vom schönsten, blühenden Garten. Dann – irgendwann – werden sie neu keimen – und du wirst (er)wachsen; du schenkst deinen Wurzeln, deiner inneren Natur Beachtung, Bewunderung, Dankbarkeit und Hingabe, damit sie kräftig Wasser saugen und deinen inneren «Garten» zum Blühen bringen.

Lass dich inspirieren durch die vier Jahreszeiten, durch Erde, Wasser, Feuer und Wind, durch jeden Tag, der neu beginnt und seelig in der Dunkelheit zur Ruhe kommt. Lass deine Gedanken und deine Emotionen mit dem Frühlingsruf der Vögel erklingen. Setz dich auf ihre Schwingen und geniess es, dich hoch in die Lüfte tragen zu lassen, dem Tanz deiner inneren Gedanken und Ideen folgend. Horche dem Klang der Melodien in deinem Herzen – wage den Neuanfang – und werde Naturpädagog*in!

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Redaktionsleitung: Christoph Lang, Nadja Hillgruber

Redaktionelle Gestaltung und Umsetzung: Nadja Hillgruber

Bildnachweis: © Meisterschaft Naturpädagogik und Nature Flow – Natürlich neugierig!

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