Bei dem Lockdown und den Grenzschliessungen wegen Corona zwischen Deutschland und der Schweiz war in einem Artikel vom Südkurier vom 18. April zu lesen, dass 400 Kleingärtner auf Schweizer Gebiet im Tägermoos nicht mehr zu ihren Parzellen konnten. Erwähnenswert ist, dass die 400 Kleingärten auf Schweizer Gebiet der Stadt Konstanz gehören, die von den Kleingärten gepachtet werden.
Für den einen oder anderen mag dies eine Lappalie sein, in einer Zeit wo andere um ihre Existenz oder gar geliebte Menschen fürchten. Trotzdem ist es für Kleingärtner traurig, wenn sie nun getrennt durch den Grenzzaun zusehen mussten, wie ihre Pflanzen eingehen oder Gartenträume zerplatzten.
Video Interview mit Marion Salzmann
Radiesli ist eine solidarische Landwirtschaft im Raum Bern (Schweiz)
Wir sprachen mit Marion Salzmann vom Radiesli in Worb bei Bern. Das radiesli ist eine solidarische Landwirtschaftsinitiative im Raum Bern, die eigene Wege geht. Gemeinsam anbauen und pflegen, gemeinsam ernten und verteilen, gemeinsam austauschen und bestimmen. radiesli weicht die Trennlinie zwischen Produktion und Konsum auf. Wer bei ihnen mitmacht, steht an einigen Halbtagen pro Jahr auf dem Acker bei Worb und hilft den Landwirt*innen und Gemüsegärtner*innen überall da, wo es gerade zupackende Hände braucht. Produziert wird nach den Grundsätzen des biologischen Landbaus, die gemeinsame Ernte und Produkte des Hofes werden in verschiedene Depots in der Umgebung von Worb und in der Stadt Bern an die radiesli Mitglieder verteilt.

Der Radieslihof ist ein Ort des regen Austausches zwischen Lebewesen aller Art. Spannend war, von Marion Salzmann zu hören, wie ihre Art des Austausches in der Zeit des Lockdowns eben gerade nicht zum Erliegen kam und wie sie mit Social Distance auf ihrem Hof umgingen. Auf den Feldern des radieslihofes gedeihen ungefähr 60 verschiedene Gemüsearten und viele verschiedene Ackerfrüchte und Getreide, die von der Hofgruppe und den unterschiedlichsten Menschen bewirtschaftet werden. Marion schilderte uns, wie sie mit dieser ausserordentlichen Lage auf ihren Feldern zurechtkamen. Die Natur kennt ja keinen Stillstand, somit ging die Arbeit auch weiter. «Denn das Gemüse und die Pflanzen wachsen alle weiter!», sagte sie in dem Gespräch mit Nature Flow. Marion beschreibt, wieviel Zufriedenheit einem die Arbeit mit den eigenen Händen gerade auch in solchen Zeiten geben kann. Sich um die eigene Nahrung zu kümmern, Graben in der Erde, Pflanzen, Pflegen, Ernten sind existentielle und sehr befriedigende Arbeiten, die nach aussen und nach innen wirken.
Interessant war Marions Antwort auf die Frage, wie sie das sieht, ob wir bei der physischen Arbeit mit den Händen unsere innere Welt berühren? «Wenn ich mit den Händen tätig bin, berühre ich ja eben eigentlich die Aussenwelt, dadurch entsteht für mich Verbindung mit allem, was um uns herum ist. Für mein Empfinden: was im Moment ganz arg spürbar ist, ist diese Angst. Hier ist es ganz wichtig, wenn du dich verbunden fühlen kannst, mit dem was um dich herum ist, mit der Erde und der Natur, dann kann ich wieder in dieses Urvertrauen finden, weil ich mich als Teil vom Ganzen verstehen kann. Das ist, was mir täglich passiert, wenn ich draussen mit den Händen in der Natur arbeite oder mit den Händen in der Erde grabe. Also mir hilft das sehr, zu diesem Urvertrauen zurückzufinden. Das ist das beste Mittel gegen Angst!», erzählt uns Marion Salzmann in dem Gespräch.
In dem Gespräch fragten wir Marion auch, ob sie denkt, dass die Menschen, die nun die letzten Wochen verstärkt bei ihnen im Radiesli mitgeholfen haben neue Gedanken in sich kultivieren und Altes aufgeben konnten und sich mit der Schaffung neuer Gewohnheiten auseinander gesetzt haben. Oder ob zu befürchten ist, dass sich nach dieser Zeit der Zwangspause nichts ändern wird, denn der Mensch vergisst schnell. Marion Salzmann sprach auch ganz offen darüber, was sie aufgerüttelt hat und was sie ändern wird.

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Bildnachweis und Text: © Nature Flow, radiesli
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