Lasst grüne Klassenzimmer zwischen Bäumen wachsen

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«Guete Morgen, lieber Wald, jetzt chömmet mir denn bald…» klingt es Woche für Woche morgens aus den Wäldern, wenn sich die Kinder der Waldspielgruppen, Waldkindergärten und Waldschulen an ihrem Sammelplatz treffen. Wetterfest ausgerüstet mit ihrem Rucksack und einem gesunden Znüni warten sie darauf in die Wälder zu gehen.

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Mit dem Start nach den Sommerferien sind die Gruppen wieder unterwegs zu ihren Waldplätzen. In der Regel gehört ein Waldsofa dazu, ein rundes aus Ästen gebautes Nest, das als gemütliche und geborgene Behausung dient. Ausgerüstet sind die Waldsofas mit einer schützenden Plane und einem wärmenden Feuer, das vor Wind, Wetter, Nässe und Kälte schützt.

Gute Kommunikation mit Förstern und Waldbesitzern

Die Leitungsteam sind in regelmässigem Kontakt zu Förstern, Wildhütern, Land- und Waldbesitzern und zur Gemeinde. Gerne folgen die Förster den Einladungen und kommen zu den Waldgruppen, um den Kindern von ihrer Arbeit zu erzählen und Wissen weiterzugeben.
Die Leitungsteam sind in regelmässigem Kontakt zu Förstern, Wildhütern, Land- und Waldbesitzern und zur Gemeinde. Gerne folgen die Förster den Einladungen und kommen zu den Waldgruppen, um den Kindern von ihrer Arbeit zu erzählen und Wissen weiterzugeben.

Gebaut werden Waldsofas meist in Zusammenarbeit mit Eltern, Kindern und Leitungsteam, in Absprache mit den Förstern, die genaue Kenntnis über die Standorte der Waldsofas haben. Die gute Kommunikation, die untereinander gepflegt wird, ist Voraussetzung für ein gutes Gelingen der Kinderbetreuung im Wald. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass das Leitungsteam regelmässig Kontakt zu Förstern, Wildhütern, Land- und Waldbesitzern und zur Gemeinde hat. Gerne folgen die Förster den Einladungen und kommen zu den Waldgruppen, um den Kindern von ihrer Arbeit zu erzählen und Wissen weiterzugeben. Beim Waldsofabau unterstützen sie gerne, in dem sie für die Innenfläche Häcksel oder neue Holzrugel als Tische liefern.

Naturpädagogisch geschulte Begleitpersonen

Ausgebildete Naturpädagogen begleiten die Kinder auf dem Weg zu einem bewussten, liebevollen Umgang mit der Natur, den Mitmenschen und sich selbst…

Leitungsteams, die überwiegend naturpädagogisch geschult sind, lehren die Kinder einen achtsamen Umgang mit der Natur. Die fachliche Ausbildung der Leitungspersonen ist eine wichtige Basis, denn sie vermittelt umfassende inhaltliche und methodische Ideen, sowie Fähigkeiten und praktische Fertigkeiten für naturbezogene, pädagogische Tätigkeiten. Ausgebildete Naturpädagogen begleiten die Kinder auf dem Weg zu einem bewussten, liebevollen Umgang mit der Natur, den Mitmenschen und sich selbst. Die Kinder sind in der Natur in einem Spiel-, Arbeits-, Ruhe und Identifikationsraum. „Die Natur bietet Phänomene, Objekte und Materialien, die zum kreativen, handwerklichen oder spielerischen Tun ebenso anregen, wie zum Umweltlernen, sagt Andrea Schneider, Kursleitung von ‚Meisterschaft authentischer Naturpädagogik‘.

Feld, Wald und Wiese - Erlebnis-, Lebens- und Tagungsraum während der naturpädagogischen Weiterbildung
Feld, Wald und Wiese – Erlebnis-, Lebens- und Tagungsraum während der naturpädagogischen Weiterbildung

„Waldkindergärten? Prädikat wertvoll!“ laut Gehirnforscher und Neuropädiater

Die 3 Säulen der kindlichen Entwicklung werden durch die Vorteile der Naturpädagogik unterstützt. Laut dem Hirnforscher Gerald Hüther ist die 1. Säule Kreativität, die 2. Säule das Aneignen von Wissen und die 3. Säule das Aneignen von Können. „Aus der Gehirnforschung weiss man, dass völlig absichtsloses Spiel für die beste Vernetzung im Gehirn sorgt.“, so Hüther jüngst im Interview mit dem Magazin Focus.

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Fragen wir Markus Weissert, Neuropädiater St.Gallen, wie der Aufenthalt in der Natur sich auf die Waldkinder und ihre Gesundheit auswirkt:

„Als Neuropädiater sind mir entwicklungsneurologische und gesundheitliche Aspekte der Waldkinder besonders wichtig. Leider spielen Kinder zwischen 5-9 Jahren heute weniger als eine Stunde pro Tag im Freien. Der Aufenthalt im Wald fördert bei den Kindern die senso-motorischen Fähigkeiten, die emotionale Balance und führt zu nachhaltigen vernetzten Erfahrungen. Die Biodiversität im Wald ermöglicht das Staunen, führt zu Achtsamkeit und Respekt vor der Natur und zu Artenkenntnissen von Pflanzen und Lebewesen.

Der Aufenthalt im Wald fördert bei den Kindern die senso-motorischen Fähigkeiten, die emotionale Balance und führt zu nachhaltigen vernetzten Erfahrungen…

Im Wald wird das Immunsystem stimuliert, das Risiko von Allergien sinkt und die Tageslichtexposition verhindert die Entwicklung der rasch zunehmenden kindlichen Kurzsichtigkeit. Die Natur im Wald, zusammen mit der waldpädagogischen Begleitung, bietet den Kindern Chancen für das Ausleben von Phantasie und Kreativität, die Entwicklung von Problemlösungsstrategien, sie fördert das sozial-kommunikative Zusammenleben und damit eine harmonische Persönlichkeitsentwicklung. Die Forderung nach einem wöchentlichen Waldtag für alle Kinder ist zu unterstützen: Die Kinder sind interessierter, aufmerksamer und «draussen lernen» ist somit nachhaltiger als ausschliesslicher Unterricht im Schulzimmer.»

Die Broschüre “Wegweiser” herausgegeben vom “ERBINAT: Verband Erleben und Bildung in der Natur
Die Broschüre “Wegweiser” herausgegeben vom “ERBINAT: Verband Erleben und Bildung in der Natur

In der umfassenden Broschüre mit dem Titel: «Wegweiser» (von «ERBINAT: Verband Erleben und Bildung in der Natur») wird kompetent aufgezeigt, was es bedeutet, die Jüngsten in Wald, Feld und Wiese so zu begleiten, dass sie sich wohl fühlen. Allgemeingültige Grundsätze und Prinzipien, die für die Bildung und Betreuung von Kindern bis zum sechsten Lebensjahr in der Natur gelten, werden vorgestellt. Die sechs Leitprinzipien in dem Wegweiser sind das Fundament und bilden die Basis für die Qualität der Arbeit mit Kindern in der Natur. Zu

Der Wegweiser wird in allen naturpädagogischen Weiterbildungsinstitutionen der Schweiz an die Teilnehmer weitergegeben…

den Leitprinzipien gehören: Das Wohlbefinden, die Naturbeziehung, das soziale Lernen, mit allen Sinnen spielen, der Bewegungsraum Natur und die Wagniskompetenz. Der Wegweiser wird in allen naturpädagogischen Weiterbildungsinstitutionen der Schweiz an die Teilnehmer weitergegeben. Ausserdem ist er elektronisch in den Sprachen Deutsch, Französisch und Englisch als Download verfügbar. Ein wichtiges Credo der Naturpädagogik, wie Janine Weber von IG Spielgruppe in der Spielgruppenzeitung sagte: «Ganz wichtig ist mir die Einstellung «weniger Konsum, mehr Kreativität und Naturbeziehung».

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Als Genossenschaft für Naturpädagogik können wir den Vorstoss der linken und grünen Mehrheit im Zürcher Gemeinderat, wie Mitte September im Tagesanzeiger (Jedem Betonkind sei Waldsofa) stand, «Das öffentlicher Kindergartenunterricht vermehrt zwischen Fichten und Buchen stattfindet», bestärken. Ebenso wie von der SP argumentiert, «die es als Gerechtigkeit ansieht, dass alle Stadtkinder Zugang zu solchen Angeboten haben sollten, um von den Vorteilen der Naturpädagogik zu profitieren.”

Bäume in Klassenzimmern oder Klassenzimmer zwischen Bäumen

Christoph Lang, Mitgründer und Präsident der Genossenschaft Feuervogel sagt dazu: «In der frühen Kindheit die Natur mit allen 5 Sinnen erleben zu dürfen ist leider immer noch ein Privileg. Als wir vor 25 Jahre in der Gemeinde Wald ZH mit der ersten Naturspielgruppe Dusse-Verusse starteten, war unser Traum, dass in jeder Gemeinde der Schweiz eine Wald-Spielgruppe und ein Waldkindergarten existieren würden. Es hat sich schon viel getan, doch leider sind Spielgruppen, Kindergärten und Schulen noch viel zu weit weg von der Natur.

Um die Herausforderungen der nahen Zukunft zu bewältigen, braucht es eine umfassende Renaturierung der Schulbildung von der frühen Kindheit an bis hin zu den akademischen Laufbahnen…

‘Draussen unterrichten’ ist umfassend möglich, bringt Kindern und Pädagogen die Freude am Lernen zurück und einen direkteren Kontakt zu den wichtigen Lebenskompetenzen, die wir ‘heute und morgen’ mehr und mehr benötigen. Um die Herausforderungen der nahen Zukunft zu bewältigen, braucht es eine umfassende Renaturierung der Schulbildung von der frühen Kindheit an bis hin zu den akademischen Laufbahnen. Die Trennung des Menschen von der Natur ist eine Illusion und sollte auf allen Ebenen aufgelöst werden. Waldkindergärten für alle Kinder! Das kann nur der Anfang sein. Die Schule ist das nächste Ziel. Lasst grüne Klassenzimmer zwischen Bäumen wachsen und heißt alle Generationen willkommen. Die ‘Probleme’, die auf dem Weg dorthin entstehen, sollten wir mit einer achtsamen Kommunikation und respektvollem Umgang lösen. Die offensichtlichen Vorteile der Waldkindergärten (…) sollten Grund genug sein, diesen Weg zu beschreiten.»

Gekochte warme Mahlzeiten über dem offenen Feuer geben im Winter einen warmen Bauch
Gekochte warme Mahlzeiten über dem offenen Feuer geben im Winter einen warmen Bauch

Redaktionsleitung: Christoph Lang, Nadja Hillgruber

Redaktionelle Gestaltung und Umsetzung: Nadja Hillgruber

Bildnachweis: Fotografie  © Feuervogel

Das digitale Fachblatt der Infothek Waldkinder ist in seinem 10. Erscheinungsjahr unter dem Dach der Feuervogel Genossenschaft für Naturpädagogik in der Schweiz

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