Wir brauchen viel mehr Coyoten als Lehrer an unseren Schulen

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Gerald Ehegartner hat sich den Traum vom eigenen Buch erfüllt, das inzwischen schon mehr als zweitausend Mal verkauft wurde. Es ist die Leichtigkeit mit der Gerald Ehegartner das sperrige Thema Bildung mit geistreichem Witz und verrückt-genialer Denkweise in seinem Roman knackt. Mit seiner Persönlichkeit und seinem Zugang zu den Dingen und seine Art zu denken, möchte er der Not in der Bildung mit der Naturmentoring Methode des Coyote Teaching ein anderes Gespür vermitteln.

Infothek Waldkinder: Wie unterrichtet man das (Naturpädagogik-)Fach „Abenteuer Natur“?

Gerald Ehegartner: Man holt die Kinder von den Klassenräumen ab und geht raus in die Natur. Das wäre mal das Wichtigste. Nein, ehrlich. Da ist gar nicht so viel dabei. Die SchülerInnen lieben es, wenn sie das Schulgebäude verlassen dürfen, um im „wahren Klassenraum“ zu sein – draußen in der Natur.

Die SchülerInnen lieben es, wenn sie das Schulgebäude verlassen dürfen, um im „wahren Klassenraum“ zu sein – draußen in der Natur.

Wir wechseln dabei über einen Bach – und landen in einem anderen Bundesland, was irgendwie witzig ist, denn bei uns gibt es im Schulwesen eine starke Trennung zwischen den Bundesländern. Ansonsten unterrichtet man es am besten mit viel Liebe zu den Kindern, mit viel Freude am Spaß und einem Entdeckergeist. Letztendlich ist es ja immer die Haltung, die wesentlich ist.

Wie wird man für das Schulfach Abenteuer Natur mit  dem „Teacher’s Award“ ausgezeichnet?

Ich wusste von einem Radio-Journalisten des fantastischen Kultursenders „Österreich 1“, der aufgrund eines Beitrages über unser Fach sehr genau recherchiert hatte (unter anderem beim Bildungsministerium), dass wir die Ersten waren, die ein naturpädagogisches Wahlpflichtfach an einer Schule auf die Beine gestellt hatten. Somit hatte ich ein gewisses Selbstvertrauen, füllte den Kriterienkatalog aus – und bekam später vom „Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur“ (gemeinsam mit der „Industriellenvereinigung“) den „Teacher´s award“ zugesprochen. Ich hatte damals schon darauf vergessen. Eigentlich war´s wieder nur eine Frage, den Schritt zu tun, das „Onlineformular“ auszufüllen und auf „absenden“ zu klicken. Das war´s eigentlich. Man muss die Dinge nur machen.

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14 Stimmen aus der Schweiz, Deutschland und Frankreich zeigen eine fundierte Auseinandersetzung mit unserem wichtigen Zukuntsthema «Einfach draussen» sein.

Praxisbeispiele laden dazu ein, wie mit «Draussen lernen» – «Draussen unterrichten» – «Draussentage» neue Perspektiven und Wegen einzuschlagen sind.
 

Dein Leittier ist der Coyote. Warum das, Herr Lehrer?

Ich bin in der Wildnis New Mexicos regelrecht über ihn gestolpert. Es war so offensichtlich, dass dieser Coyote zu mir wollte – und ich zu ihm. Und er passte so wunderbar – nach all den Jahren der spirituellen Suche war er auch eine Schlüsselantwort.

Wir brauchen viel mehr Kojoten als Lehrer an den Schulen

Die Qualität des Coyoten ist einfach eine närrische, weise und schöpferische. Er ist schnell und erfasst gleichzeitig ungemein viel in seiner Originalität. Und ich bin felsenfest davon überzeugt: Wir brauchen viel mehr Kojoten als Lehrer an den Schulen – und weniger domestizierte Nutztiere.

Dein Debütroman «Kopfsprung ins Herz» ist ein Bestseller. Es erzählt vom Coyoten als unsichtbaren Lehrer, der mit Witz, Charme und unverblümter Natürlichkeit hilft aufzuwachen, um seinem Herzensweg zu folgen. Was willst du den Teilnehmern in dem Workshop mit auf den Weg geben?

Genau dasselbe wie mit meinem Buch: Mut. Zuallererst Mut, den Schritt zu wagen, der eigentlich Freude und Spaß bereiten würde. Und dann den Mut, im eigenen Stil zu gehen, zu unterrichten, zu tanzen, zu laufen – letztendlich zu leben. Das hat auch viel mit dem extrem mutigen und verrückten Sprung vom Hirn ins Herz zu tun. Das mag romantisch klingen, ist es aber nicht nur. Letztendlich macht der Sprung intelligenter im eigentlichen Sinne.

Ich will Mut machen, in der Schule auch neue Ideen, ja sogar Träume zu leben.

Ich will Mut machen, in der Schule auch neue Ideen, ja sogar Träume zu leben. Und ich will mitgeben, was möglich sein kann. Wir haben zwischen beamteter Veränderungsverweigerung und neoliberalem Test-, Mess- und Optimierungswahn mit eingebauter Output- und Burnoutorientierung den Möglichkeitssinn verloren. Ja, ich will zu Freude anregen, Freude an der eigenen Selbstwirksamkeit. Das heißt auch, den Kojoten (um den „heiligen Narren“ so zu nennen) in sich selbst zu entdecken, nicht einfach ein Programm von außen zu übernehmen. Dann hat man Mut, auch neue und verrückte Wege zu gehen. Und dann wird man auch wirklich zu einem voll entfalteten Geschenk für die Kinder. Noch dazu führt das über den Weg der Freude. Das Leben wird zu einem Tanz: Wie sagte schon Nietzsche: „Die Tanzenden wurden verrückt gehalten von denjenigen, die die Musik nicht hören konnten.“ Also – dieser Mut zur „eigenen Verrücktheit“ ist eine wunderbare Win-Win-Situation. Die Kinder profitieren, der Lehrer profitiert – und die ewigen Zaungäste darf man ruhig meckern lassen.

Welche neugierigen Pädagogen sprichst du besonders an?

Jene, die im Hinterkopf schon ahnen, dass sie ein wenig verrückt im positiven Sinne sind, die Dinge anders machen wollen – und das inmitten eines immer stärker getakteten Systems. Ja – und auch PädagogInnen mit einem Freiheitsdrang in die Natur. Jene, die nach eigenen, unabhängigen Wegen suchen – und noch einen kleinen Schubs oder einen heftigen Tritt in den Hintern brauchen.

PädagogInnen mit einem Freiheitsdrang in die Natur

Besonders auch für jene, die den Überlebensmodus verlassen wollen und über die Freude ihr schöpferisches Potential entdecken wollen. Ich glaube, dass die Schlüsselkompetenzen (ich mag eigentlich den Begriff „Kompetenz“ nicht wirklich, ist er doch ein Produkt der um sich greifenden Ökonomisierung der Bildung) in Zukunft „Herzensbildung“ und „Naturvermittlung bzw. –verbindung“ sein werden. Alles andere ist sekundär, wollen wir uns auf diesem Planeten noch eine Chance geben.

Impressionen aus dem ersten Kurs
Impressionen aus dem ersten Kurs „Die Geheimnisse des Coyote Teaching“ im April mit Simon Haser als Referent bei der Feuervogel Genossenschaft

Das digitale Fachblatt “NatureFlow” bietet konkrete Themen nach den Grundlagen der Naturpädagogik und erdgerechte Zukunftsideen.

Ob als Waldspielgruppenleiterin, Waldkindergärtnerin, Lehrperson,  Pädagogen und Erwachsenenbildner oder Draussen Familien, alle finden nahrhaftes Wissen bei uns.

Redaktionsleitung: Christoph Lang, Nadja Hillgruber

Redaktionelle Gestaltung und Umsetzung: Nadja Hillgruber

Bildnachweis und Text: © Nature Flow

Das digitale Fachblatt “Nature Flow” ist in seinem 11. Erscheinungsjahr unter dem Dach der Feuervogel Genossenschaft für Naturpädagogik in der Schweiz

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