Verband ERBINAT für Erleben und Bildung in der Schweiz

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     Verband ERBINAT
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Der Leitfaden

2018 erscheint der Wegweiser für die Arbeit in der Natur mit Kinder bis zum sechsten Lebensjahr in einer Auflage von 3000 Stück. Der Wegweiser wird erstmals Interessierten am 10. März 2018 am Fachforum von ERBINAT vorgestellt. Im Anschluss daran wird die Broschüre auch auf der ERBINAT-Website als PDF zum Download zur Verfügung stehen.

Die Broschüre richtet sich an Eltern, Naturpädagogen, Institutionen und öffentliche Behörden. Zum Fachforum sind Interessierte und Nichtmitglieder ebenfalls herzlich eingeladen. Für weitere Informationen und Anmeldung zum Fachforum bitte hier klicken

Motivation des Wegweisers

Anfänge für die Idee des Wegweisers gab es bereits im Jahr 2014. Als sich eine Arbeitsgruppe des Verbandes ERBINAT bildete und sich gedanklich über ein Positionspapier für die Arbeit mit Kindern in der Natur austauschte. Der Ursprung für die Idee ist der Orientierungsrahmen für frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung in der Schweiz gewesen. Der Fachgruppe „Kind und Natur“ von ERBINAT war es wichtig, ein Positionspapier für Naturpädagogik zu erarbeiten. Dieses Papier soll Leitgedanken und Richtlinien beinhalten, welche Anbieter bei der Planung, Konzipierung und Reflexion von naturpädagogischen Betreuungsangeboten unterstützen sollen. Janine Weber hat uns stellvertretend für die Fachgruppe Kind und Natur in einem Interview Fragen zum Inhalt der Broschüre beantwortet.

Infothek Waldkinder: Was war euch wichtig, bei der Erarbeitung des Wegweisers?

«Was erwartet man von einer Waldspielgruppe?» und «Welche Kompetenz hat eine WaldspielgruppenleiterIn

Janine Weber: Die Menschen, die wir mit unserer Broschüre ansprechen, sollen alle vom Gleichen sprechen, wenn sie sich fragen, «Was erwartet man von einer Waldspielgruppe?» und «Welche Kompetenz hat eine WaldspielgruppenleiterIn?» Für uns als Fachgruppe ist es ebenfalls ein Lernprozess gewesen, bei dem wir unterschiedliche Meinungen konsolidiert haben. Und am Ende hat sich dieser lange Prozess gelohnt. Ich freue mich sehr, wenn ich den Wegweiser nun endlich in der Hand halten und dem breiten Publikum vorstellen kann.

Für wen habt ihr diesen Wegweiser geschrieben?

Eltern, Naturpädagogen, Institutionen und öffentliche Behörden sollen inhaltlich angesprochen werden…

Wir haben sehr darauf geachtet, dass wir alle Zielgruppen, wie Eltern, Naturpädagogen, Institutionen und öffentliche Behörden inhaltlich ansprechen. Es gibt sechs Leitprinzipien, die als Baukasten aufgebaut sind. Pro Leitprinzip gibt es eine Betrachtung aus der Sicht des Kindes und eine aus der Sicht des Naturpädagogen. Wir haben den wissenschaftlichen Bezug zum Orientierungsrahmen hergeleitet und beschrieben. Als vierten Punkt gibt es eine kurze Checkliste, die nochmals zusammenfasst, welche wesentlichen Merkmale für den Erwachsenen pro Leitprinzip bedeutend sind.

Kinder in den Waldspielgruppen sollen mit dem Material spielen, dass sie am Waldboden finden
Kinder in den Waldspielgruppen sollen mit dem Material spielen, dass sie am Waldboden finden

Charakteristisch für den Wegweiser sind die Blickwinkel aus Sicht des Kindes und des Naturpädagogen. Warum meint ihr, es braucht beide Sichtweisen?

Der Wegweiser ist als Unterstützung für die Arbeit mit Kindern in der Natur gedacht. Die Inhalte sollen für Naturpädagogen ein Hilfsmittel sein und die eigene Reflexion, im Team oder innerhalb der Institution anregen. Wie der Name schon sagt, soll der Wegweiser dabei unterstützen zu hinterfragen, ob man noch auf dem richtigen Weg oder vielleicht doch etwas vom Weg abgekommen ist. Mit Unterstützung der Leitprinzipien hilft er den richtigen Weg in Erinnerung rufen. Die Sicht der Kinder hilft den Eltern, die Erlebnisse ihrer Kinder im Wald einzuordnen und die Erwartungen an eine Waldspielgruppe richtig einzuschätzen. Wir sehen sie als unterstützende Basis bei Reflexionsgesprächen zwischen Naturpädagogen und Eltern.

Wie beobachtest du die Haltung, wie schwer fällt es Naturpädagogen, sich mit einem eigenen Angebot zurückzuhalten?

Wie ist eigentlich die Idee „Arbeit mit Kindern im Wald” gemeint?

Man könnte den Eindruck bekommen, je mehr den Kindern im Wald Impulse oder Aktivitäten geboten werden, desto besser. Stattdessen ist es die Kunst des Verzichts bei dem Aufenthalt im Wald, denn aus Verzicht wird Gewinn. Man könnte auch sagen, weniger ist mehr im Spiel für das Kind. Hier hilft der Wegweiser auch unterstützend, legitim zu hinterfragen, „Wie ist eigentlich die Idee „Arbeit mit Kindern im Wald” gemeint?

Ihr geht auch auf das Freispiel ein. Hier ist die berechtigte Frage erlaubt, inwieweit ist Freispiel noch wirklich freies Spiel?

Kinder sollen im Wald mit ganz elementarem Spielmaterial wie Steine, Stöcke, Zapfen, Blätter oder Wasser spielen
Kinder sollen im Wald mit ganz elementarem Spielmaterial wie Steine, Stöcke, Zapfen, Blätter oder Wasser spielen

Mit dem Wegweiser ist es auch ein Ziel aufzuzeigen, dass Spielmaterial von drinnen nicht nach draussen getragen wird. Ich sage, „Lasst doch dem Abenteuer die Chance, es draussen selbst zu erleben.“ Jeder Mensch braucht Abenteuer, wir Erwachsene auch. In dem Moment wenn Spielmaterial, ein Impuls oder eine Aktionsidee von einem Erwachsenen eine Erklärung braucht, ist es kein Freispiel mehr. Für mich heisst Freispiel, dass das Kind mit dem spielt, was es um sich herum findet und hat. Es ist für mich auch ein Ziel, dass in der Waldspielgruppe Kinder mit dem spielen, was sie auf dem Waldboden finden. Damit meine ich ganz elementares Spielmaterial, wie Steine, Stöcke, Zapfen, Blätter oder Wasser. Kinder die wirkliche Unterstützung beim Spielen brauchen, denen kann man beispielsweise helfen mit einem Seil zu spielen oder Lehm zu entdecken.

Wie kann der Erwachsene das Kind dabei begleiten, dass es der eigene Gestalter seines Lebens ist?

Schauen und beobachten ist eine wesentliche pädagogische Fähigkeit…

Auf die Rolle der Naturpädagogen bzw. Erwachsenen gehen wir bei allen sechs Leitprinzipien ein. In erster Linie braucht der Erwachsene Verständnis, Zeit und Geduld, sowie Respekt und auch Achtsamkeit für die Bedürfnisse des Kindes. Wir können von spielenden Kindern lernen. Wenn ich den Kindern zuschaue, wie sie im Wald spielen und einen Stock anders, neu in die Hand nehmen oder den Stock im Spiel neu entwickeln, bin ich dankbar, dass ich das beobachten und erleben darf. Schauen und beobachten ist eine wesentliche pädagogische Fähigkeit, die Naturpädagogen weiterentwickeln und trainieren können. Dabei ist die innere Haltung entscheidend, wir stellen uns nicht über das Kind, sondern begegnen ihm auf Augenhöhe. Wir sind alle zusammen auf dieser Welt. Der Erwachsene weiss in seiner Welt mehr und das Kind weiss in seiner Welt mehr, zusammen ergänzen wir uns.

Janine Weber, Fachgruppe «Kind und Natur» bei ERBINAT/ Leiterin Fachbereich Wald bei IG Spielgruppen Bildung GmbH/ Kontakt: janine.weber@erbinat.ch
Janine Weber, Fachgruppe «Kind und Natur» bei ERBINAT/ Leiterin Fachbereich Wald bei IG Spielgruppen Bildung GmbH/ Kontakt: janine.weber@erbinat.ch

Was würdest du den Naturpädagogen für ihre Rollen gern mit auf den Weg geben?

…den Kindern zutrauen das Spiel, die Aufgaben selber machen zu lassen machen

Ich würde ihnen gerne sagen, sie sollen lernen sich zurückzuhalten. Schnell ist man in der Rolle und will es ihnen zeigen. Die Kinder haben so viel Kompetenzen, die sie ihre Aufgaben richtig und gut machen lassen. Das heisst, man sollte sie machen lassen. Das Leitprinzip „Wagniskompetenz“ beschreibt sehr gut, was wir inhaltlich mit Haltung meinen. Das spricht das Vertrauen der Begleitperson in sich selber an und dass sie den Kindern zutraut das Spiel, die Aufgaben selber machen lassen machen. Ein für mich wichtiger Aspekt ist auch, dass kleinere Unfälle, wie Aufschürfungen zu dem Nervenkitzel und den Abenteuern im Wald dazugehören. Bauchkribbeln empfinden und spüren, bevor ein Kind von einer höheren Stelle runterspringt, ist für die Entwicklung sehr gut. Das Kind lernt, das eigene Risiko einzuschätzen. Das sind die Herausforderungen, an denen Kinder wachsen. Etwas aus dem Bauchgefühl heraus zu versuchen, vielleicht sein zu lassen oder weiter experimentieren, um beim nächsten Mal von einer etwas höheren Stelle hinunterspringen, hilft dem Kind seine Grenzen einzuschätzen.

Eigenständig Lehm entdecken ist ein sehr sinnliches Erlebnis für die Kinder im Wald
Eigenständig Lehm entdecken ist ein sehr sinnliches Erlebnis für die Kinder im Wald

Welche Aufgabe wartet auf uns Impulsgeber, die Aus- und Weiterbildungsinstitutionen, die Partner von ERBINAT sind?

Ich finde, es wird von den Aus- und Weiterbildungsinstitutionen bereits Vieles sehr positiv und gut umgesetzt. Was wir mit dem Wegweiser aufs Papier gebracht haben, ist eine Unterstützung für das, was in den verschiedenen Institutionen bereits gelebt wird. Menschen, die in die Ausbildung kommen, bei ihnen kann der Samen gelegt werden, aber wann er tatsächlich aufkeimt, hängt von vielen Faktoren ab. Die auszubildende Person entwickelt ihre offene Haltung selbst und entscheidet, was sie aus dem Samen macht. Ich merke, bei manchen Teilnehmern geht es schneller und bei anderen überlege ich mir, was kann ich noch machen, dass der Samen keimt. Ich denke, die Impulsgeber sollten immer weiter an ihren Inhalten arbeiten, sie verbreiten und zum Reflektieren einladen.

Am 10. März lädt ERBINAT zum Fachforum ein. Worauf dürfen sich Interessierte des Wegweisers an diesem Tag freuen?

Alle Teilnehmer die am 10. März zu unserem Forum kommen, werden den Wegweiser mit nach Hause nehmen können. Wir bieten an diesem Tag die Gelegenheit an, den Wegweiser als Weg zu laufen. Beim Forum blicken wir gemeinsam mit unseren Teilnehmern in die Zukunft. Da wird der Wegweiser von unserer Fachgruppe „Kind und Natur“ ein Teil des spannenden Programmes sein. Es warten noch viele weitere interessante Zukunftsthemen auf die Besucher. Herzlich eingeladen sind auf jeden Fall alle, auch Nicht-Mitglieder von ERBINAT.

Redaktionsleitung: Christoph Lang, Nadja Hillgruber

Redaktionelle Gestaltung und Umsetzung: Nadja Hillgruber, www.infothek-waldkinder.org

Bildnachweis: Fotografie © Feuervogel/ DusseVerusse Spielgruppe in der Natur

Das digitale Fachblatt ist in seinem 9. Erscheinungsjahr

Die Infothek Waldkinder - Informationsplattform Naturpädagogik ist ein Projekt der Feuervogel Genossenschaft für Naturpädagogik
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