So eine freudige Überraschung, als wir zu Jahresanfang mit der Post das neue Buch von Marius Tschirky ausgepackt haben! – «Best of» von Marius Tschirky mit Lieder, Tänzen, Ritualen und Versen- Seine langjährige Erfahrung als Naturpädagoge hat er in einem Buch mit CD veröffentlicht- Sein kämpferisches Herzblut für die Naturpädagogik, «Was im Wald mit Kindern wichtig ist» kann mit diesem Buch nachgelebt werden- Heisst das nun, das Marius Tschirky Abschied von der Waldbühne nimmt?
Infothek Waldkinder: Ganz nach dem «Apfelbaum-Prinzip» aus deinem Vorwort berührt dein Buch zuerst das Herz, dann die Handlung und erst dann die Sache! Endlich ist die Fibel für den Wald da! Ich würde sagen, mit dem Buch “Guete Morge, liebe Wald” hast du dir persönlich auch einen Herzenswunsch erfüllt. Liege ich da richtig?
In dem Buch ist die Essenz von 16 Jahren naturpädagogischer Erfahrung…
Marius Tschirky:
Ja, da liegst Du richtig. Ich habe die „Naturpädagogik-Sache“ immer sehr passioniert betrieben. Wir mussten am Anfang noch für vieles kämpfen. Richtig für etwas kämpfen kann ich nur, wenn ich mit dem Herzen bei der Sache bin. Dieses leicht kämpferische ist mir bis heute geblieben. Nun geht es nicht mehr darum, zu kämpfen – oder nicht mehr so sehr. Nun geht es darum, meine gesammelten Erfahrungen zugänglich zu machen. In den vielen Jahren, in denen ich als Waldkindergärtner mit „meinen“ Waldkindern und als Kursleiter und Referent für Naturpädagogik sehr aktiv gearbeitet habe, ist vieles an praktischen Inhalten und Erfahrungswissen zusammengekommen. Ich wollte die Essenz davon in einem Buch festhalten. In den 16 Jahren, in denen ich nun Kurse gebe, habe ich meine Spiele, Lieder und meine Erfahrung weitergegeben. Das ist toll – und es macht mich stolz, dass einige meiner Lieder fast schon als „Traditionals“ in Waldkindergärten etc. gesungen werden. Ich hatte jedoch auch das Bedürfnis, meine Lieder und Inhalte zu schützen, indem ich diese Fibel veröffentlicht habe. Ich wollte kein „trockenes“ Lehrmittel machen. Darum habe ich alle meine Lieder, Spiellieder und Tänze, die ich als Waldkindergärtner für meinen Alltag als solche entwickelt habe und auch mit Kindern im Wald gesungen, getanzt und gespielt habe, zusammengetragen. Meine Haltung, Tipps und so weiter lasse ich möglichst passend zum Lied und Thema einfliessen.
Marius Tschirky stellt sein Buch “Guete Morgen, liebe Wald” vor

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Infothek Waldkinder: Beim Durchlesen stelle ich fest, mit dem «Best of» Buch von dir erhalten die Leser ein praktisches Handwerkszeugs, das in keinem Waldrucksack fehlen darf. Gleich zu Anfang richtest du dein Wort an die «liebi Erwachsni» und rüttelst sie wach, um was es tatsächlich im Wald mit Kindern geht. Worum geht es dir in diesem Vorwort?
Marius Tschirky: Naja, in dem Buch stelle ich bewusst die Lieder, Verse und praktischen Anleitungen in den Vordergrund. Wer mich kennt weiss, dass ich fast nicht anders kann, als da und dort noch eine kämpferische Standpauke zu halten. Das Vorwort ist mir wichtig, auch meine Ausführungen und die kleinen Aufsätzchen zwischen den Liedern sind mir wichtig. Denn ein Lied zu einem Wald-Thema findet man schnell, auch einen Blachen-Knopf lernen ist keine Sache – und dass der Dachs ein marderartiges Raubtier ist kann man leicht googeln.
Das Vorwort mit kämpferischer Leidenschaft…
Sachwissen kann man sich immer irgendwo holen. Mir ist die Haltung wichtig, die Haltung zum Lernen mit Kindern in der Natur. Ich will die Chancen aufzeigen, die Naturpädagogik neben dem Schlangenbrot machen und dem Seilschaukeln bietet. Es gibt so viele Chancen, mit Kindern in der Natur Dinge zu erleben und zu lernen. Als Fachperson können wir lehren, Dinge die unglaublich wichtig sind für das spätere Leben und die man nur in der Natur lehren kann. Ich hoffe, es entsteht nicht der Eindruck, dass ich das nicht mit erhobenem Zeigefinger meine, sondern charmant begründe. Durch meine Auseinandersetzung mit dem Thema „Warum mit Kindern in der Natur lehren und lernen?“, der jahrelangen Reflexion und meiner intensiven Erfahrung, weiss ich, wovon ich spreche.

Infothek Waldkinder: Dann blättern «die liebi Erwachsene» weiter und was entdecken sie dann?
Marius Tschirky: Wenn sie die Standpauke hinter sich haben oder einfach bewusst weiter blättern entdecken sie viele Waldalltags-Situationen, bei denen ich dachte: Da braucht’s ein Spiel, ein Lied oder beides, um ein Thema zu vertiefen, erklären, verinnerlichen oder einfach nur zum Spass. Die Lieder, die nur zum Spass sind haben es dann meist auch auf die CD’s der Jagdkapelle geschafft, um ein Ziel bei den Kindern zu erreichen.
Lieder und Texte hat er selbst geschrieben…
So sind in dem Buch die Lieder „Dachs Adalbert“, „Specht“ und „Pflotsch“ und so weiter vorhanden, die eventuell einige von der Jagdkapelle her kennen. Eigentlich sind das Lieder, mit denen ich als Waldkindergärtner gearbeitet und als Waldkindergärtner selbst geschrieben habe. Wenn ich die Lieder an Konzerten mit der Jagdkapelle spiele, dann sind es einfach lustige Lieder, nicht mehr und nicht weniger. Wenn ich sie als Waldkindergärtner singe, dann ist das Lied ein naturpädagogisches Mittel, um die Kinder in einem Prozess zu begleiten.
Infothek Waldkinder: Was mir so gut an dem Aufbau vom Buch gefällt, dass es sich ausschliesslich um sinnliche Erfahrungen mit Liedern, Spielen, Versen und Ritualen dreht. Dabei geht es dir nicht um die messbaren Ergebnisse, die Kinder mit nach Hause bringen sollen. Warum ist dir das so wichtig?
Es geht um das Erlebnis…nicht um messbare Ergebnisse
Marius Tschirky: Das war mir immer wichtig. Es geht um den Prozess und nicht um das Produkt. Wer, wie ich, mit Kindern ausschliesslich mit unstrukturiertem, nicht intendierendem Naturmaterial gearbeitet hat weiss, dass das, was die Kinder nach Hause bringen meist erst übersetzt und erklärt werden muss. Der Stecken ist also ein Telefon gewesen am Waldmorgen… und jetzt, aus dem Kontext „Wald“ herausgenommen, zuhause auch gar nicht mehr wichtig. Ich besänftigte damals mein Lobdefizit mit anderem, als mit ganz tollen Bastelarbeiten, welche dann die Eltern wahnsinnig lässig finden. Dazu kommt, dass ich nicht so sehr der Bastler bin.

Infothek Waldkinder: Viele die dich bislang in Kursen oder im Wald erleben durften, schätzen deinen ausdrucksstarken Charakter, wie du deine Teilnehmer in den Bann für die Waldthemen ziehst. Jetzt hast du dein «Best of» Buch + CD veröffentlicht. Müssen wir nun befürchten, dass Marius Tschirky seinen Abschied von der naturpädagogischen Waldbühne verkündet oder wie geht es für dich in der Naturpädagogik weiter?
Verkündet Marius Tschirky seinen Abschied von der Waldbühne?
Marius Tschirky: Ich weiss es ehrlich gesagt nicht. «I go with the flow», wie der Engländer sagt. Die Französin in mir antwortet «Je ne regrette rien», hahaha. Ich tanze auf vielen, phasenweise zu vielen Hochzeiten. Allem kann ich gar nicht gerecht werden, was ich noch tun will und was ich mache. So haben alle meine Themen ihre Zeit. Ich bin gerade sehr beschäftigt mit Vatersein. Hier in unserem Dorf soll es einen öffentlichen Waldkindergarten geben! Nicht nur wegen unseren kleinen Tochter hänge ich mich natürlich voll rein und unterstütze, wo ich kann. Ich gebe immer noch Kurse, referiere an interessanten Institutionen, wie zum Beispiel an der ZHAW immer wieder mal – das macht mir besonders Spass, weil die Zuhörenden aus einem nicht nur pädagogischen Kontext heraus hinhören und reagieren, was wiederum eine tolle Herausforderung ist für mich.
Infothek Waldkinder: Dein ambitioniertes Engagement bei dir im Dorf zeigt, wie wichtig du für die Naturpädagogik bist. Wir denken, Menschen die in deine Fusstapfen treten wollen, brauchen dich weiterhin. Es gibt noch viele naturpädagogische Themen, die nicht auf deine kreative Frische verzichten können. Jetzt im Februar wollen wir langsam den Frühlingswind befreien. In deinem Ritual dazu, aus dem Buch, dürfen die Kinder Blütenblätter mit Wünschen an den Frühling einfrieren und sobald sie auftauen und mit den Wünschen herausfallen, gehen sie in Erfüllung. Welche Wünsche hast du an den Frühling?
…mit einem zarten Hauch und zünftigen Böe in den Frühling
Marius Tschirky: Ui, Du hast das Buch wirklich gelesen! Ich wünsche mir vom Frühling, dass er mit einem zarten Hauch – und wenn es sein muss auch mal mit einer zünftigen Böe die Dinge wieder ordnet, damit alles wieder dahin kommt, wo es sein sollte.
Infothek Waldkinder: Vielen Dank für den offenen Waldrandschwatz mit dir, Marius! Dann wünschen wir uns, dass der Wind dir das Richtige flüstert und das Lied vom Feuer, dir die richtigen Visionen zeigt.

Redaktion: Christoph Lang, Nadja Hillgruber
Gestaltung und Umsetzung, Bildredaktion: Nadja Hillgruber, https://www.feuervogel.ch/nature-flow-fachblatt/
Filmmaterial: Marius Tschirky
Bildnachweis: Fotografie © Nature Flow
