Teil 4 Ü50 – Die beste Entscheidung des Lebens: Feuer und Flamme für den Wald

VON Mireille Guggenbühler

Verschiedene Studien haben in den vergangenen Jahren ergeben, dass rund 30 Prozent der Lehrerinnen und Erzieher in Deutschland unter einem Burn-Out oder Erschöpfung leiden. In der Schweiz sieht die Situation nicht viel anders aus: Auch hier haben diverse Studien in den letzten Jahren gezeigt, dass 30 bis 40 Prozent der Lehrkräfte bereits ausgebrannt beziehungsweise gefährdet sind, ein Burn-out zu erleiden.

Doch es gibt auch Pädagoginnen und Pädagogen, die nicht ausbrennen – selbst im fortgeschrittenen Arbeitsalter nicht. Im Gegenteil: Es sind Pädagoginnen und Pädagogen, die ihrem Beruf selbst kurz vor der Rente noch mit einer Leidenschaft nachgehen, die beeindruckend ist. Es sind Pädagogen und Pädagoginnen, die sich entschieden haben, im Wald zu arbeiten und ihren Berufsalltag mit den Kindern draussen zu verbringen. Das hat dazu geführt, dass ihre Berufszufriedenheit im Alter nicht nur gestiegen, sondern maximal ist.

Nature Flow hat mit fünf Erzieherinnen und Erziehern gesprochen, die sich einig sind: Als Pädagoge oder Pädagogin im Wald zu arbeiten, sei die beste Entscheidung in ihrem Leben gewesen. Die Fünf fühlen sich gesünder und zufriedener als je zuvor.  Und: Alle fünf können sich nicht vorstellen, wieder irgendwo in einem Haus mit Kindern zu arbeiten. Die fünf Waldpädagoinnen und Waldpädagogen machen angehenden Erziehern und Pädagoginnen Mut, die Natur und den Wald als ideales Arbeits- und Erziehungsumfeld, als wunderbaren Lebensraum für und mit Kindern zu entdecken.

Anja Weber, 56 Jahre, Erzieherin, Waldkindergarten Hohensachsen Weinheim, Baden-Würtemberg, Deutschland

Ich und zwei weitere Kolleginnen (alle Ü50) aus einem Hauskindergarten hatten die Idee den Waldkindergarten Hohensachsen Weinheim zu gründen. Wir haben die Gruppe aufgebaut, mit Leben gefüllt und leiten ihn bis heute. Der Träger ist die Evangelische Kirche. Wir sind auf einem Grundstück, welches wir von einer älteren Dame erhalten haben. Im Laufe der Zeit ist der Platz mitgewachsen, so dass heute auch ein Bauwagen und eine Jurte stehen, die wir bei schlechtem Wetter nutzen. Wir verbringen den Tag aber eigentlich immer im Wald. Wir funktionieren ohne Strom und Wasser und haben eine Feuerstelle.

Im Wald zu arbeiten ist mit nichts zu vergleichen. Für mich ist die Arbeit im Wald auch mit 56 Jahren keine Belastung, sondern eine Befreiung.

anja Weber

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Schon als ich im Hauskindergarten gearbeitet hatte, habe ich gemerkt, dass es jedes Mal eine Befreiung war, wenn wir in den Wald gehen konnten. Gerade bei schwierigen Kindern zeigte sich, dass der Wald eine therapeutische Wirkung hat. Mittlerweile ist es für mich unvorstellbar geworden, wieder in einem Hauskindergarten zu arbeiten. Die optischen und akustischen Reize in einem normalen Hauskindergarten sind so belastend, dass wir den Wald nicht mehr missen möchten, mit seinem Geruch und Freiheit, die er bietet. Ich habe ja den Vergleich zwischen Wald- und Hauskindergarten und kann heute sagen: Im Wald zu arbeiten ist mit nichts zu vergleichen. Für mich ist die Arbeit im Wald auch mit 56 Jahren keine Belastung, sondern eine Befreiung. Meine Kollegin, die in Rente gegangen ist, sagt, sie hätte es gar nicht geschafft, bis 65 in einem Kindergarten zu arbeiten, wenn sie dies nicht in einem Wald hätte tun können.

Die optischen und akustischen Reize in einem normalen Hauskindergarten sind so belastend, dass wir den Wald nicht mehr missen möchten, mit seinem Geruch und Freiheit, die er bietet. Ich habe ja den Vergleich zwischen Wald- und Hauskindergarten und kann heute sagen: Im Wald zu arbeiten ist mit nichts zu vergleichen.

Anja Weber

Waldkindergarten Hohensachsen Weinheim, Baden-Würtemberg

Wir haben ein aussergewöhnlich schönes Grundstück in den Weinbergen an der wunderschönen Bergstrasse. Wenn man da morgens hochkommt zusammen mit den Kindern, ist das schon mal Balsam für die Seele. Ob die Frühlingssonne scheint, ob es schneit oder regnet, es ist einfach wunderschön. Auch wenn man mal genug hat vom Kindergarten: Sobald man auf das Grundstück kommt, ist diese Belastung weg. Natürlich ist der Aufenthalt im Wald körperlich eine Herausforderung, aber es hält einen auch fit:  Wir schleppen Wasser, wir sägen Holz, wir werken viel. Unsere Arbeit findet im Rhythmus der Natur statt, das ist ein ganz anderes Arbeiten als in einem Hauskindergarten.

Der Winter ist eine Herausforderung, wenn es wochenlang minus 16 Grad ist, da kommt man schon an seine Grenzen. Noch sehe ich den Winter aber nicht als Belastung. Wir haben einen Lehmbackofen, den wir im Winter anzünden und die Kinder sitzen dann davor und sprechen miteinander. Ich werde oft gefragt, wie ich das schaffe, den ganzen Tag bei jedem Wetter draussen zu verbringen.  Es hängt ganz einfach damit zusammen, wie ich mich anziehe.

Ich werde oft gefragt, wie ich das schaffe, den ganzen Tag bei jedem Wetter draussen zu verbringen.  Es hängt ganz einfach damit zusammen, wie ich mich anziehe.

anja Weber

Die Toilettensituation kann für manche Pädagoginnen oder Pädagogen schon eine Herausforderung sein. Wir haben zwar ein Toilettenhäuschen, aber wenn man unterwegs ist, muss man halt in den Wald gehen. Diese sanitäre Situation passt nicht allen. Dennoch kenne ich viele Kolleginnen, die eine Stelle in einem Waldkindergarten suchen, aber das Angebot ist leider begrenzt. Für eine Kollegin von mir suchten wir kürzlich eine Vertretungsperson. Es war kein Problem, jemanden zu finden. Die Bewerberinnen sagten, sie hätten sich nie in einem Hauskindergarten beworben.

Wir bekommen übrigens immer wieder Kinder von Hauskindergärten zugewiesen, die dort nicht tragbar sind. Und es ist immer wieder erstaunlich zu sehen, wie gut und normal sich diese im Wald entwickeln, wenn man ihnen diese Chance gibt. Weil das Grundstück gross genug ist und man sich zurückziehen kann, erträgt es solche Kinder.

Wir bekommen übrigens immer wieder Kinder von Hauskindergärten zugewiesen, die dort nicht tragbar sind. Und es ist immer wieder erstaunlich zu sehen, wie gut und normal sich diese im Wald entwickeln, wenn man ihnen diese Chance gibt.

Anja weber

Für mich ist eigentlich klar: Um in einem Waldkindergarten zu arbeiten, spielt das Alter keine Rolle, wenn man die nötige Leidenschaft mitbringt. 

Der Online Kurs für Natur- und Waldpädagogik resultiert aus über 30 Jahren Erfahrung aus professioneller elementarpädagogischer Arbeit in der Natur, insbesondere im Wald.

In Videos schildern Petra Jäger, Waldkindergarten Flensburg
und Nadja Hillgruber, digitales Fachblatt Nature Flow/ Feuervogel
ihre praktischen Erfahrungen.

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Redaktionsleitung: Christoph Lang, Nadja Hillgruber

Redaktionelle Gestaltung und Umsetzung: Nadja Hillgruber

Bildnachweis: © Anja Weber und Nature Flow – Natürlich neugierig!

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