Teil 2 Ü50 – Die beste Entscheidung des Lebens: Feuer und Flamme für den Wald

VON Mireille Guggenbühler

Verschiedene Studien haben in den vergangenen Jahren ergeben, dass rund 30 Prozent der Lehrerinnen und Erzieher in Deutschland unter einem Burn-Out oder Erschöpfung leiden. In der Schweiz sieht die Situation nicht viel anders aus: Auch hier haben diverse Studien in den letzten Jahren gezeigt, dass 30 bis 40 Prozent der Lehrkräfte bereits ausgebrannt beziehungsweise gefährdet sind, ein Burn-out zu erleiden.

Doch es gibt auch Pädagoginnen und Pädagogen, die nicht ausbrennen – selbst im fortgeschrittenen Arbeitsalter nicht. Im Gegenteil: Es sind Pädagoginnen und Pädagogen, die ihrem Beruf selbst kurz vor der Rente noch mit einer Leidenschaft nachgehen, die beeindruckend ist. Es sind Pädagogen und Pädagoginnen, die sich entschieden haben, im Wald zu arbeiten und ihren Berufsalltag mit den Kindern draussen zu verbringen. Das hat dazu geführt, dass ihre Berufszufriedenheit im Alter nicht nur gestiegen, sondern maximal ist.

Nature Flow hat mit fünf Erzieherinnen und Erziehern gesprochen, die sich einig sind: Als Pädagoge oder Pädagogin im Wald zu arbeiten, sei die beste Entscheidung in ihrem Leben gewesen. Die Fünf fühlen sich gesünder und zufriedener als je zuvor.  Und: Alle fünf können sich nicht vorstellen, wieder irgendwo in einem Haus mit Kindern zu arbeiten. Die fünf Waldpädagoinnen und Waldpädagogen machen angehenden Erziehern und Pädagoginnen Mut, die Natur und den Wald als ideales Arbeits- und Erziehungsumfeld, als wunderbaren Lebensraum für und mit Kindern zu entdecken.

Renate Wolfrum, 60 Jahre, Erzieherin und Heilpädagogin, Naturkindergarten Schwabhausen, Bayern, Deutschland

Ich bin auch nach 20 Jahren nach wie vor mit Begeisterung im Wald und wäre mittlerweile wohl nicht mehr hauskompatibel.

Renate Wolfrum

Als der Naturkindergarten Schwabhausen vor über 20 Jahren gegründet wurde, war mir klar, dass dies der «richtige Kindergarten» für meine Tochter sein würde. Nachdem meine Tochter 2001 den Kindergarten besucht hatte, wurde der Waldkindergarten auch für mich der «richtige Ort». Ich begann 2003 mit meiner Arbeit im Naturkindergarten Schwabhausen. Unseren Waldkindergarten besuchen 18 Kinder und wir bilden zu Dritt das Stammteam. Ich bin auch nach 20 Jahren nach wie vor mit Begeisterung im Wald und wäre mittlerweile wohl nicht mehr hauskompatibel. Gemerkt habe ich dies kürzlich an einem Leiterinnentreffen hier vor Ort. Da hat mich jemand gefragt, obs mir denn in meinem Alter nicht reiche, immer im Wald sein zu müssen. Wir seien doch alle nicht mehr ganz jung, ob ich nicht die letzten Jahre noch gemütlich in einem Haus verbringen möchte. Und ich habe gedacht: Was? Gemütlich? Oh nein, nur das nicht!

Renate Wolfrum, 60 Jahre, Erzieherin und Heilpädagogin, Naturkindergarten Schwabhausen, Bayern, Deutschland

Natürlich habe ich mit 60 Jahren meine Zipperlein, aber die hatte ich schon früher und der Wald hat diese auch nicht weggemacht. Ich habs mit dem Rücken und ich bin überzeugt, wenn ich in einem Hauskindergarten arbeiten würde, hätte ich viel mehr Probleme damit. Bei Rückenproblemen ist die Bewegung wichtig und mit den Kindern ist man immer in fliessender Bewegung. Natürlich gibt es unangenehme Tage, beispielsweise wenn es so nasskalt ist. Aber man sucht sich dann halt die Plätze aus bei denen man weiss, man ist etwas geschützt. Ganz schreckliche Witterungstage gibt es eigentlich nicht. Höchstens Tage, bei denen man schauen muss, dass man etwas mehr in Bewegung bleibt, etwa im Winter.  Den finde ich übrigens wunderschön im Wald! Die Kinder finden das Wetter sowieso nicht schwierig, sie  freuen sich über die Pfützen, das Matschen und das Reinspringen in Wasser und Matsch.

Ich bin überzeugt, dass das Arbeiten im Wald wesentlich stressfreier ist – sowohl für mich wie für die Kinder. Es ist kein Lärm und keine Reizüberflutung da.

Renate Wolfrum

Natürlich merke ich, dass mich die Tage anstrengen, nach 5,6 Stunden im eiskalten Wald bin ich mittags erst einmal fertig. Aber ich glaube, im Haus würden mich die Tage mindestens so fest anstrengen. Ich bin überzeugt, dass das Arbeiten im Wald wesentlich stressfreier ist – sowohl für mich wie für die Kinder. Es ist kein Lärm und keine Reizüberflutung da.

Der Online Kurs für Natur- und Waldpädagogik resultiert aus über 30 Jahren Erfahrung aus professioneller elementarpädagogischer Arbeit in der Natur, insbesondere im Wald.

In Videos schildern Petra Jäger, Waldkindergarten Flensburg
und Nadja Hillgruber, digitales Fachblatt Nature Flow/ Feuervogel
ihre praktischen Erfahrungen.

Ich staune immer wieder, wenn mich andere Erzieherinnen fragen, was wir machen würden, wenn es regnet. Ich sage dann jeweils: «Uns anziehen. Und wenns kalt ist? Uns bewegen!» Ich spüre da jeweils Unverständnis, aber auch Bewunderung und Neid schwingen mit, wenn ich aus dem Waldkindergarten erzähle.

Das Alter ist kein Hindernis, um als Naturpädagoge oder Naturpädagogin zu arbeiten. Im Gegenteil: Es ist von Vorteil!

Reante Wolfrum

Das Alter ist kein Hindernis, um als Naturpädagoge oder Naturpädagogin zu arbeiten. Im Gegenteil: Es ist von Vorteil, ich greife auf einen riesigen Schatz an Geschichten, Liedern und Wissen zu, damit kann ich sehr spontan auf Ereignisse reagieren. Wenn einem die Hasen um die Ohren hüpfen, dann kann ich auf ein grosses Repertoire zurückgreifen und spontan reagieren. Das ist auch das, was ich im Wald schätze: Kein Tag ist wie der andere, ich habe die Möglichkeit, Dinge spontan aufzubringen und muss nicht ständig die Lebendigkeit der Kinder unterbinden. Das Draussensein mit den Kindern ist so bereichernd, das ist einfach etwas ganz Besonderes. Manchmal stehe ich da und grinse nur vor mich hin, weil das Spiel der Kinder so schön ist.

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Manchmal denke ich zwar an die Rente, aber eher im Sinn von: Oh mein Gott, nur noch so wenig Zeit, ich will doch noch so viel machen! Ich hoffe, dass es auch weiterhin viele Erzieherinnen und Erzieher geben wird. Der Personalmangel beschäftigt mich schon. Wieviele junge Erzieherinnen und Erzieher sagen, sie seien ausgebrannt, ich finde das schrecklich. Ich denke dann jeweils:  Geht in den Wald, ich bin nicht ausgebrannt, ich brenne für den Waldkindergarten!

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Redaktionsleitung: Christoph Lang, Nadja Hillgruber

Redaktionelle Gestaltung und Umsetzung: Nadja Hillgruber

Bildnachweis: © Renate Wolfrum und Nature Flow – Natürlich neugierig!

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