Qualität fürs Leben bewahren: Die Lebendigkeit im rührigen Spiel wiederentdecken

von Nadja Hillgruber

Wichtige Erkenntnisse der Neurobiologie bringen uns eine Antwort auf die Frage, welche Bedeutung das Spiel für den Menschen hat und was mit ihm geschieht, wenn wir spielen, deutlich näher: Immer dann, wenn wir zu spielen beginnen, öffnet sich für uns eine Welt, in der all das verschwindet, was uns im alltäglichen Zusammenleben daran hindert, die uns angelegten Potenziale zu entdecken und zu entfalten. Wenn wir wirklich spielen, erleben wir auch keinen Druck und keinen Zwang mehr, und wenn es nichts mehr gibt, was uns bedrängt, verschwindet auch die Angst. Deshalb fühlen wir uns immer dann, wenn wir spielen, lustvoll und frei. Ohne Angst erkunden und erproben, was alles möglich ist, so spielen Kinder und finden dabei selbst heraus, was alles geht, aber auch was nicht funktioniert. Wenn man die Kinder als Erwachsene auch so spielen lässt.

Die Autorin Gerda Salis Gross, die seit über 35 Jahren vielfältige phänomenologische Forschungsarbeit zur Frage des Spiels untersucht, hat in ihrem neu veröffentlichten Buch „Im Spiel dem Leben Freiheit schenken“ unterschiedliche Qualitäten des Spiels differenziert. Dabei ist ihr wichtig zu verstehen, dass Kinder, der Mensch, auch die Natur spielt. Dabei unterscheidet sie zwischen dem primären freien Spiel, das ist immer die Möglichkeit und Einladung aus der Quelle des Gesunden in sich selber heraus sein Leben zu gestalten und dem sekundären Spiel, hinter dem eine Absicht oder Regeln bestehen und dem Spiel eine andere Qualität geben. Dabei veranschaulicht Gerda Salis Gross diese beiden Qualitäten unteranderem in ihrem Buch mit zwei Wörtern aus der schwedischen Sprache. Nämlich „spel“ und „lek“. Mit „spel“ drückt man aus, wenn das Spiel an feste Regeln, Abläufe oder Techniken gebunden ist. Mit „lek“ meint man eine offene Spielwelt. Das Wort bedeutet, sowohl spielen, als auch tanzen, sich drehen, rührig sein. Die Form, Handlung, Inhalt und Regeln können sich im Spielverlauf jederzeit ändern. Wenn ein Kind in den nordischen Ländern mit einem anderen spielen will, würde es immer fragen: Kommst du leka?

Wir sprachen mit Gerda Salis Gross und sind im Gespräch der Frage nachgegangen: Wie können wir aus Sicht der Naturpädagogik uns im Erwachsenenleben diese rührige Spielqualität bewahren, um wieder in Kontakt mit uns selber und unseren Kindern zu kommen?“

Nature Flow: Zitat: „Das Leben ist ein Spiel, wie alle Spiele sind: Wer’s nicht versteht, verliert, Und wer’s versteht, gewinnt.“ Wie bringen wir die Erwachsenen wieder ins Spiel?

Gerda Salis Gross: Das Verlieren und gewinnen ist ja heute so wahnsinnig hochgetrieben und gepuscht worden. Ich kann beobachten, dass die Worte bei Erwachsenen, Eltern und auch bei den Kindern bereits sehr früh etwas auslösen. So dass die Kinder auf dieses Verlieren und gewinnen, schon sehr früh gedrillt sind. Wenn es nur noch um das Verlieren und gewinnen geht, ist nach meiner Erfahrung, der Kontakt zum primären Spiel sofort weg. Dann geht es um etwas anderes.

Wenn das Kind spielt, ist es ganz in der Freude und verbunden mit dem was es gerade macht. Es überlegt nicht, was es nachher macht, oder dass es etwas besser machen sollte. Diese Gedanken hat das Kind nicht.

Gerda Salis Gross

Nature Flow: Was verstehst du unter primären Spiel? Kannst du uns das näher erklären?

Gerda Salis Gross: Ich kann mit allem was ich tue im Spiel sein. Die Frage ist: Mache ich das jetzt sekundär oder bin in einem primären Kontakt mit mir, mit dem was ich mache? Geht es darum, dass ich das erledige, oder dass ich das gut mache? Oder bin ich in Kontakt mit dem was ich mache? Weil mir das Freude macht und das jetzt auch machen will? Oder mache ich es, weil es mein Programm ist? Das kann vom Aufstehen, Frühstücken und alle anderen Dinge, die ich über den Tag hinweg tue, beeinflusst werden. Denn ich kann auch Gymnastik und Yoga sekundär machen. Ob ich ein Leistungsgefüge dabei habe oder weil ich das mache, weil ich in einem guten Kontakt mit mir bin, weil ich in der Freude bin. Das Gefühl kann ich relativ leicht verlieren, wenn ich am Computer sitze und eine Aufgabe ziemlich schnell erledigen soll. Es heisst nicht, wenn ich primär etwas erledige, dass dies langsam sein soll, das kann auch mit Schwung sein. Wenn ich jedoch dabei empfinde, diese Mail muss ich noch bearbeiten und dann noch die nächste abarbeiten, dann ist man wieder im sekundär pflichterfüllten Teil bei sich. Es geht darum die zu erledigenden Aufgaben abzuhaken.

Verstehst du dann darunter, dass man auch ein Hobby in einem primären Spielverhalten, leicht und beschwingt nachgehen kann?

Ich unterscheide nicht zwischen Hobby und Arbeit. Heute Morgen hatte ich frisch gewaschene Wäsche aufgehängt, das war so schön, wie die Sonne, der Wind und das Gras in einem Bewegungsspiel sich abwechselten und dabei hatte die Wäsche geflattert und die Sonne wärmte mich. So, dass ich dachte, wenn ich das letzte Teil aufgehängt habe, kann ich das erste schon wieder abhängen. Bei diesem Gedankenspiel währenddessen, werde ich auch nicht müde in meinem Tun. Ich bin im Spiel mit diesen Wäschestücken, dem Wind und den Bewegungen.

Wir haben um uns herum eine massiv sekundäre Gesellschaft, die in diesen sekundären Werten: Tempo, Produktion, Leistung und Gewinn funktioniert. So, dass das Spiel aus der Arbeit verloren geht.

Gerda salis gross

Für Unwissende könnte der Eindruck entstehen, spielen ist doch spielen, da gibt es doch keinen Unterschied. In deinem Buch «Im Spiel dem Leben Freiheit schenken» schreibst du von Lebensqualität, wenn der Mensch im primären Spiel ist. Welche Unterschied gibt es für dich an Spielqualitäten?

Ich verstehe darunter mit Leichtigkeit und Freude im Jetzt spielen. Es ist eigentlich das Gleiche, wenn das kleine Kind spielt. An dem man sich orientieren kann. Wenn das Kind spielt, ist es ganz in der Freude und verbunden mit dem was es gerade macht. Es überlegt nicht, was es nachher macht, oder dass es etwas besser machen sollte. Diese Gedanken hat das Kind nicht. Das Kind ist eingetaucht in dieser Spieldimension. Kann ich etwas, als Erwachsener, von dem Spiel in mir bewahren? Kann ich auch so, wie das Kind, mit etwas in Kontakt sein? Wenn nicht, warum nicht? Was steht mir im Weg? Es spielt absolut keine Rolle was ich mache, wenn ich jedoch das, was ich tue, in Verbundenheit mache und im Flow bin, dann bin auch erfüllt und ermüde nicht. Ich bin der Meinung, man kann auch schön müde werden, in dem ich mich nicht erschöpft fühle, sondern belebt müde bin. Wir können eigentlich in allem was wir machen, auch in Begegnungen, in der Qualität von Spiel drin sein.

Wenn ich andere Erwachsene beobachte, würde ich meinen, wir haben diese Qualität losgelassen. Warum?

Wir haben um uns herum eine massiv sekundäre Gesellschaft, die in diesen sekundären Werten: Tempo, Produktion, Leistung und Gewinn funktioniert. So, dass das Spiel aus der Arbeit verloren geht. Ebenso ist es für mich in der Kunst abhandengekommen, weil man auch immer mehr von Leistung spricht.

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Ist das Punkt, wo der Mensch resigniert?

Ich denke, es hat viel mit Anpassung zu tun. Es ist eine Frage, kann ich die Autonomie bewahren oder wie angepasst bin ich? Im Prinzip gehe ich jeden Tag in die Anpassung, wenn ich mich beispielsweise den Zugzeiten anpasse oder Termine beim Arzt vereinbare. Ganz viele Anpassungen sind auch enorm wertvoll. Wir sind viele Menschen miteinander und nebeneinander in unserer Gesellschaft, was auch nur mit Anpassung klappen kann. Dabei gilt es zu hinterfragen: Welche Anpassungen tun mir wohl und welche Anpassungen nicht mehr? Denn sonst verliere ich mich vor lauter Anpassungen. Wo ist eine Anpassung stimmig und gesund? Wo nicht mehr und warum mache ich sie? Damit meine ich nicht, jemand der sich nicht anpasst ist auch kein Revoluzzer. Denn ich kann mit Anpassungen wohlwollend im Spiel sein, dabei sorgfältig prüfen, wie weit es guttut und ab wann nicht mehr. Wann ist es genug, weil ich Spielfreude vermisse.

Überall auf der Erde besteht die universale Spielqualität des primären Spiels schon zu allen Zeiten. Es hat sehr lang Kulturen gegeben, die das gewährt haben, wo auch die Erwachsenen und Gemeinschaften immer im Spiel waren. Bei uns ist das massiv abhandengekommen, durch Übertönung und Überdröhnung von sekundären Spielen und Animationen.

Gerda Salis gross

In der Berufswelt wird viel Anpassung verlangt und viele Arbeitsabläufe sind getaktet. Wie kann es passieren, in gedrängter Zeit, leicht den Kontakt zu sich zu verlieren?

Obwohl ich mich nun seit 40 Jahren mit Spielforschung beschäftige, passiert es mir auch, dass das primäre Spiel abhandenkommt. Dieses «lek» in dem ich mich auch immer wieder neu erschaffen kann. (In der schwedischen Sprache meint «lek» ein Spiel, das rührig ist, beweglich sein, das Spiel kommt in Bewegung, es „tanzt – aus dem Buch «Im Spiel dem Leben Freiheit schenken»)

Ich erlebe Kinder, die verlernt haben zu spielen. Wenn jedoch ein Kind in ein primäres Spiel eintaucht, was passiert da im Inneren des Kindes?

Überall auf der Erde besteht die universale Spielqualität des primären Spiels schon zu allen Zeiten. Es hat sehr lang Kulturen gegeben, die das gewährt haben, wo auch die Erwachsenen und Gemeinschaften immer im Spiel waren. Bei uns ist das massiv abhandengekommen, durch Übertönung und Überdröhnung von sekundären Spielen und Animationen. Es passiert so häufig, dass die Kinder durch den Tag hinweg durch Programme geschleust werden. Dadurch brauchen sie Zeit, dass sie später wieder mit dem primären Spiel in Kontakt kommen. Ich habe 20 Jahre mit Jugendlichen gearbeitet. Dies war bei meiner sonderpädagogischen Arbeit ein Hauptthema, seien es Jugendlichen oder jüngere Kinder, sie hatten verlernt zu spielen und in Kontakt mit sich zu sein. Anschliessend hatte ich wieder das Bedürfnis mit jüngeren Kindern zu arbeiten, denn da sind die Gewohnheiten noch nicht so verfestigt und man kann versuchen sie in das primäre Spiel zurückzuführen. Weil es noch nicht so weit entfernt lag. Bei den Jugendlichen braucht es so viel mehr intensive Arbeit, damit sich ein bisschen ändert. Wobei sie dann sehr froh sind, wenn sie wieder mit dem primären Spiel in Kontakt kommen. Es zeigt, was für ein begrenzter Verständnis wir unter Spielen verstehen. Das beobachte ich auch bei vielen Eltern. Sie planen für ihre Kinder ein volles Programm bis abends 18 Uhr. Dann wollen sie am Abend kochen und sagen «Jetzt spiel mal alleine». Wie soll das Kind mit sich in Kontakt sein, wenn es über den Tag hinweg dauernd davon abgelenkt wurde? Denn das Kind ist erstmal erschöpft und muss wieder zu sich finden, bevor es mit sich in Kontakt kommen kann. Wir haben den Anspruch an das Kind, dass es mit sich allein spielen können muss, nur weil es ein Kind ist. Es gelingt ihnen jedoch nur, wenn sie mit sich im Kontakt sind und den Zugang zu sich finden. Wenn ich beobachte, dass ihnen dies gelingt, sind sie so selig mit sich selbst.

Wir haben den Anspruch an das Kind, dass es mit sich allein spielen können muss, nur weil es ein Kind ist. Es gelingt ihnen jedoch nur, wenn sie mit sich im Kontakt sind und den Zugang zu sich finden.

Gerda salis gross

Wo laufen wir Gefahr, wenn Kinder nicht Frei Spielen können?

Heute in unserem Bildungssystem sind wir so früh erpicht darauf, den Kindern das auszutreiben oder nicht zu ermöglichen. Gabrielle Pohl «Kindheit aufs Spiel gesetzt» sagt: «Für die gesunde Entwicklung des Kindes bis ca. 7 Jahre, soll es 6-8 Stunden freispielen.» Alles animierte Spiel zählt dabei nicht. Nur aus dem eigenen inneren Impuls spielen, gleich gesetzt mit dem intrinsischen Spiel. Das Freie Spiel ist wichtig, damit das Kind sich selbst gut kennenlernt und aus sich heraus Kontakt mit der Welt aufbaut und eine stabile Basis bekommt. Das unterstützt auch das Kind in herausfordernden und anspruchsvollen Situationen, auch als Erwachsener, flexibel zu reagieren und in diesen Situationen im Spiel zu bleiben. Wenn dem Kind diese wichtige Freie Spielphase der Entwicklung fehlt und ihm immer gesagt wird, was es jetzt machen oder spielen soll oder könnte, kann es nicht diese persönliche Beziehung zu sich aufbauen und es fehlt ihm die Basis. Der Satz «Ich weiss nicht, was machen…» drückt aus, das Kind ist so an Ablenkung gewohnt, dass es weiter nach Ablenkung sucht. Wir haben heute junge Eltern, die selber schon in diesem Förderprogramm aufgewachsen sind. Sie haben das selber bereits so erlebt und wenig freie Zeit gehabt.

In der Natur: Spiele, staune und gestalte

Intro #93-2023

Natürlich neugierig!

Auf die Internationale Konferenz 2019 in Zürich folgt 2024 die Internationale Sommerschule in Louti in Tschechien. Petra Jäger und Nadja Hillgruber erzählen im Interview, warum es notwendig ist, die Gemeinschaft der Waldkindergärten über die Grenzen hinweg zu verbinden.

Das Freie Spiel ist wichtig, damit das Kind sich selbst gut kennenlernt und aus sich heraus Kontakt mit der Welt aufbaut und eine stabile Basis bekommt. Das unterstützt auch das Kind in herausfordernden und anspruchsvollen Situationen, auch als Erwachsener, flexibel zu reagieren und in diesen Situationen im Spiel zu bleiben.

Gerda salis gross

Wie kann es gelingen, dass Erwachsene wieder lernen, den Kinder diesen freien Raum des eigenen Spiels zu geben?

Sie sollen lernen Vertrauen in ihre Kinder zu haben, dass das Kind einen inneren Plan hat und weiss, was es braucht und dass dies immer der beste Plan ist. Sie sollen das Kind begleiten, aber sie brauchen nicht alles den lieben langen Tag für sie zu managen. Das gesunde Pendeln in der Polarität von diesem freien Spiel, wo das Kind in der Initiative ist, erkennen lernen. Ich möchte dies an einem Beispiel zeigen: Wenn Kinder essen oder sich anziehen sollen, fangen wir als Erwachsene an diese Momente zu bespielen, wir lenken vom Eigentlichen ab und versuchen so, sie zu überreden, dass sie das tun, was der Erwachsene will. Wenn ich jedoch das Kind wirklich ernst nehme, dann kann ich auch durchaus verlangen «Jetzt ziehen wir die Schuhe an». Wenn wir als Eltern selbst getrieben, gehetzt und gestresst sind, sind solche Momente nicht möglich. Ohne daraus eine grosse Geschichte wachsen zu lassen mit Ablenkung «Versprechen mit Kaugummi» oder ähnlichem. Das ist für mich ein Missbrauch vom Spiel. Am Beispiel «Schuhe anziehen», sind Dinge die gehören zum Leben. Das Kind merkt das auch, wenn es permanent programmiert wird, hat es keinen Atem, jetzt auch noch Essen, anziehen, Zähne putzen. Dann kommt der Widerstand.

Wenn ich richtig verstehe, brauchen Erwachsene wieder mehr Phänomene, die sie beobachten und wahrnehmen, um das primäre Spiel zu spüren? Wie siehst du das?

Man kann als Erwachsener nicht in der primären Qualität von Spiel sein, wenn man das nicht will. Man kann Erwachsenen nicht sagen, jetzt musst du primär sein, man kann nur dazu einladen, das Interesse zu wecken: «Ah, was ist denn das für ein Phänomen?» Das kann irgendein Phänomen sein. Sei es ein Blatt, das vom Baum fällt, wie das Kind hüpft, daraufhin bekommt man Kontakt zu sich. Sobald wir Erwachsenen etwas beibringen wollen, geht man einen sekundären Weg. Es ist für uns nicht so einfach diesen «sekundären Kopf» loszulassen, wo man Tag für Tag drinsteckt.

In dem Wort «Geschichte» steckt auch das Wort «Schichten», dass wir wieder in diese tieferen Schichten kommen, mit der Geschichte. Ich finde viele Kinderbücher sind so an der Oberfläche und verniedlicht. Es ist herzig, aber keine tiefere Schicht. Ich habe den Eindruck, Kinder suchen diese Tiefe und wollen es ganz wissen. Sie wollen etwas Echtes und keine Verblödung.

Gerda salis gross

Wie lädst du Erwachsene ein zu spielen?

Ich habe ein Spielseminar entwickelt. An 9 Wochenenden lernen Erwachsenen «Was ist eigentlich spielen?» Es ist zum Wiederentdecken, zur Einführung oder zur Weiterentwicklung des Spiels gedacht. Wir spielen sowohl drinnen wie auch draussen mit den Elementen und beobachten was dort spielt und was passiert mit mir. Mir ist es wichtig, dass die Erwachsenen zuerst mit sich selber in Kontakt kommen.

Sehr schön ist das Gedicht in deinem Buch «Ode auf eine vernachlässigte Sportart», in dem es darum geht, sich voller Freude an seinem vierzigsten Geburtstag einen Hügel herunterzurollen. Welchen Ausgangspunkt braucht es, um selber Gestalter seines Lebens zu werden oder wieder mehr Fantasie und Kreativität zuzulassen?

Es zulassen wieder so Momente in seinem Leben einzubauen. Lass ich es zu oder sage ich «Jetzt grad nicht». Kinder kommen zu uns mit der Einladung. Diese Momente zuzulassen und zu geniessen.

Welche neuen Geschichten braucht es?

In dem Wort «Geschichte» steckt auch das Wort «Schichten», dass wir wieder in diese tieferen Schichten kommen, mit der Geschichte. Ich finde viele Kinderbücher sind so an der Oberfläche und verniedlicht. Es ist herzig, aber keine tiefere Schicht. Ich habe den Eindruck, Kinder suchen diese Tiefe und wollen es ganz wissen. Sie wollen etwas Echtes und keine Verblödung. In meinen Augen nimmt man die Kinder damit nicht ernst und würdevoll. Die Urfassung von Märchen, die nicht von Grimm oder Disney romantisiert wurden, die haben schichten. Geschichten wecken innere Bilder und sollen berühren. Dort wo eine Geschichte ein Bild gibt, passiert eine tiefere Schicht. Sie nährt und erklärt die Welt, dient nicht nur unterhaltend oder ist als Ablenkung gedacht. Ich finde es traurig, Kinder wollen echtes erfahren, hören und verstehen und vieles ist Ablenkung. Sie sind so voller Vertrauen in die Erwachsenen, dass sie das nehmen, was man ihnen gibt. Das ist wiederum das Schöne in der Natur, sie ist echt! Das kann eine selbst kreierte kleine Geschichte mit 2 Tannenzapfen sein. Dabei merkt das Kind, das hat mit mir zu tun und ist keine Ablenkung. Ich beobachte auch bei den Erwachsenen, wie sie sich ablenken wollen. Arbeiten – Ablenken, aber wo bin ich jetzt bei mir, zufrieden mit dem was ist.

Liebe Gerda, was möchtest du abschliessend unseren Lesern noch mitteilen?

Die Kinder ernst nehmen! Das zur Verfügung stellen, was wirklich Substanz und Wert hat. Diese Qualität suchen sie und das ist was sie brauchen. Dies macht am meisten Freude im Zusammensein mit den Kindern.

Kontakt zu Gerda Salis Gross

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Redaktionsleitung: Christoph Lang, Nadja Hillgruber

Redaktionelle Gestaltung und Umsetzung: Nadja Hillgruber

Bildnachweis: © Gerda Salis Gross und Nature Flow – Natürlich neugierig!

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