Teil 3 Ü50 – Die beste Entscheidung des Lebens: Feuer und Flamme für den Wald

VON Mireille Guggenbühler

Verschiedene Studien haben in den vergangenen Jahren ergeben, dass rund 30 Prozent der Lehrerinnen und Erzieher in Deutschland unter einem Burn-Out oder Erschöpfung leiden. In der Schweiz sieht die Situation nicht viel anders aus: Auch hier haben diverse Studien in den letzten Jahren gezeigt, dass 30 bis 40 Prozent der Lehrkräfte bereits ausgebrannt beziehungsweise gefährdet sind, ein Burn-out zu erleiden.

Doch es gibt auch Pädagoginnen und Pädagogen, die nicht ausbrennen – selbst im fortgeschrittenen Arbeitsalter nicht. Im Gegenteil: Es sind Pädagoginnen und Pädagogen, die ihrem Beruf selbst kurz vor der Rente noch mit einer Leidenschaft nachgehen, die beeindruckend ist. Es sind Pädagogen und Pädagoginnen, die sich entschieden haben, im Wald zu arbeiten und ihren Berufsalltag mit den Kindern draussen zu verbringen. Das hat dazu geführt, dass ihre Berufszufriedenheit im Alter nicht nur gestiegen, sondern maximal ist.

Nature Flow hat mit fünf Erzieherinnen und Erziehern gesprochen, die sich einig sind: Als Pädagoge oder Pädagogin im Wald zu arbeiten, sei die beste Entscheidung in ihrem Leben gewesen. Die Fünf fühlen sich gesünder und zufriedener als je zuvor.  Und: Alle fünf können sich nicht vorstellen, wieder irgendwo in einem Haus mit Kindern zu arbeiten. Die fünf Waldpädagoinnen und Waldpädagogen machen angehenden Erziehern und Pädagoginnen Mut, die Natur und den Wald als ideales Arbeits- und Erziehungsumfeld, als wunderbaren Lebensraum für und mit Kindern zu entdecken.

Der Online Kurs für Natur- und Waldpädagogik resultiert aus über 30 Jahren Erfahrung aus professioneller elementarpädagogischer Arbeit in der Natur, insbesondere im Wald.

In Videos schildern Petra Jäger, Waldkindergarten Flensburg
und Nadja Hillgruber, digitales Fachblatt Nature Flow/ Feuervogel
ihre praktischen Erfahrungen.

Axel Goosmann, 52 Jahre, Erzieher, Jugendarbeiter, Waldkindergarten Nienburg, Heemsen, Niedersachsen, Deutschland

„Ich arbeite nun am schönsten Arbeitsplatz der Welt.“

axel Goosmann

Ich arbeite seit zweieinhalb Jahren im Wald. Vorher habe ich sieben Jahre an einer Förderschule gearbeitet und zuvor sieben Jahre in einem Wohnheim für schwererziehbare Kinder.  Diese Arbeit hat mir stets Spass gemacht, war aber auch eine grosse Herausforderung. Nun bin ich in einem Alter angekommen, in welchem ich diese Herausforderung mit den schwer erziehbaren Kindern nicht mehr zwingend brauche. Deshalb habe ich mich für die Arbeit im Waldkindergarten entschieden. Ich arbeite nun am schönsten Arbeitsplatz der Welt.

Allerdings ist der Winter für mich eine grosse Herausforderung. Es reicht nicht, dass ich mich warm einpacke, ich muss mich auch bewegen können. Deshalb buddle ich im Winter viele Löcher mit den Kindern. Ich habe auch immer wieder erlebnispädagogisch gearbeitet und dabei festgestellt, wie wichtig ein Lagerfeuer ist. Ein Feuer schafft sehr viel Ruhe, hilft beim Reflektieren und Runterkommen. Leider dürfen wir im Waldkindergarten auf Geheiss der Bürgermeisterin und den Fortinteressenten kein Feuer machen. Das führt dazu, dass es im Winter halt schon ziemlich kalt wird. Wir haben zwar einen Bauwagen, aber der ist nicht gedämmt. Sobald die Türe aufgeht, ist die ganze Wärme draussen.

Axel Goosmann, 52 Jahre, Erzieher, Jugendarbeiter, Waldkindergarten Nienburg, Heemsen, Niedersachsen, Deutschland

Im Winter habe ich auch ein Problem mit den Händen, wenn ich aus den Handschuhen raus muss, um z.B. den Kindern den Reissverschluss oder die Schuhe zu binden. Wenn ich einmal kalte Hände habe, dann zieht die Kälte in den ganzen Körper rein. Ich habe deshalb so Handwärmer zum Knicken in der Manteltasche, die wärmen. Vorher hatte ich eine Tasche mit Kohlenstäben in der Jackentasche, die ich als Handwärmer nutzen konnte, aber die haben sich nicht bewährt. Ein Feuer wäre deshalb schon sehr viel wert, an welchem man sich aufwärmen könnte. Ich muss deshalb schauen, wie ich künftig mit dem Winter umgehe. Der Winter ist allerdings die einzige anstrengende Zeit: Die Monate danach sind umso schöner.

„Ein Feuer wäre deshalb schon sehr viel wert, an welchem man sich aufwärmen könnte. Ich muss deshalb schauen, wie ich künftig mit dem Winter umgehe.“

Axel Goosmann

In einem Hauskindergarten könnte ich nicht arbeiten. Wenn wir einmal den Schutzraum aufsuchen müssen wegen einem Sturm, merke ich, dass es mir sehr schnell zu laut wird und mir das Sitzen an den kleinen Tischen nicht guttut. Der Tag im Schutzraum wird dann lang und unangenehm. Eigentlich ist der Aufenthalt in diesem Raum keine „artgerechte Haltung“, auch die Konflikte werden ganz anders ausgetragen als im Wald.

„Naturpädagogik passt in meinen Augen deshalb nur für jene, die das auch gerne machen. Man muss dafür brennen!“

axel Goosmann

Wir arbeiten im Waldkindergarten zu Zweit. Manchmal brauchen wir eine Springerkraft. Diese Springerkräfte werden dann einfach hingeschickt, manche kommen nicht gerne in den Wald, sie sind zum Teil auch nicht entsprechend angezogen. Naturpädagogik passt in meinen Augen deshalb nur für jene, die das auch gerne machen. Man muss dafür brennen!

Unser GRATIS Geschenk für DICH!
Einfach draussen!

14 Stimmen aus der Schweiz, Deutschland und Frankreich zeigen eine fundierte Auseinandersetzung mit unserem wichtigen Zukuntsthema
«Einfach draussen» sein.
Praxisbeispiele laden dazu ein, wie mit
«Draussen lernen» – «Draussen unterrichten» – «Draussentage»
neue Perspektiven und Wegen einzuschlagen sind

Noch mehr Anleitungen als Download gibt es hier

Im letzten Winter ging ich zum Arzt, weil sich mein Ischias verklemmt hatte. Ich fragte ihn danach, was ich denn jetzt noch tun könnte dagegen. Er meinte, ich solle mir einen anderen Job suchen. Ich sagte zu ihm: „Mach ich nicht, will ich nicht“. Denn: So eine Zufriedenheit bei der Arbeit, übers ganze Jahr gesehen, habe ich bisher nirgendwo gefunden.

„So eine Zufriedenheit bei der Arbeit, übers ganze Jahr gesehen, habe ich bisher nirgendwo gefunden.“

Axel Goosmann

Das Magazin “Nature Flow” bietet konkrete Themen nach den Grundlagen der Naturpädagogik . Lerne die Produkte von Nature Flow kennen.

Ob als Waldspielgruppenleiterin, Waldkindergärtnerin, Lehrperson, Pädagogen und Erwachsenenbildner oder Draussen Familien, alle finden nahrhaftes Wissen bei uns.

Redaktionsleitung: Christoph Lang, Nadja Hillgruber

Redaktionelle Gestaltung und Umsetzung: Nadja Hillgruber

Bildnachweis: © Axel Goosmann und Nature Flow – Natürlich neugierig!

2 Kommentare zu „Teil 3 Ü50 – Die beste Entscheidung des Lebens: Feuer und Flamme für den Wald

  1. Dein Kommentar über den Winter ist sehr interessant, ich werde sehen das wir für den Winter besser aufgestellt sind mit einem Zirkus Zelt und unser Bauwagen scheint auch der Luxus zu sein mit Badezimmer, also Wasser und Toilette.

    Liebe Grüße aus Köln

    Martina Witt-Riding

    Like

Hinterlasse einen Kommentar