Jakob Ganten ist Ausbildungsfachmann der biodynamischen Landwirtschaftsausbildung für Demeter Betriebe. Seit 15 Jahren begleitet er die Lehrlinge in ihren Ausbildungen und weiss was sie erwartet. Darüber hinaus beobachtet er den Bedarf aus der Praxis und schaut mit konkreten Ausbildungszielen und Visionen in die Zukunft.
Jakob Ganten von Demeter sprach mit Nadja Hillgruber
Infothek Waldkinder: Wie lange gibt es schon biodynamische Ausbildungen für Demeter Betriebe?
Jakob Ganten: Seit 34 Jahren. Um genau zu sein, startete der erste Jahrgang am 1. März 1983.
Warum nennt sich die Ausbildung «Freie Ausbildung»?
Es steckt eine freie Trägerschaft dahinter. Wir haben keine staatlichen vom Bildungs- und Kultusministerium vorgegebenen Lernziele in unserem Lehrplan enthalten. Diese freie Ausbildung wird von den Akteuren selbst getragen, die aus der biodynamischen Landwirtschaft kommen.
…in der Biobranche ist der Abschluss dieser Ausbildung hoch angesehen und anerkannt…
Was ist das Besondere an der Ausbildung?
Das Zertifikat, das wir vergeben, ist privat. Gleichzeitig ist in der Biobranche der Abschluss dieser Ausbildung hoch angesehen und anerkannt. Die Betriebsleiter aus der Branche wissen, dass unsere Ausbildung vier Jahre dauert. Und wer sie absolviert, der nimmt sie auch ernst.

Welche Voraussetzungen sollen die Menschen für diese Ausbildung mitbringen?
Eine Checkliste zu schreiben ist schwer. Denn die eigentliche Entscheidung ist nicht messbar, entscheidend ist eine innere Einstellung. Die einzige harte Voraussetzung, dass die interessierten Menschen volljährig sein sollen.
Welche Einstellung braucht es, um für die biodynamische Landwirtschaft die richtige Philosophie zu leben?
Die meisten Menschen im ostdeutschen Raum merken nach 3-4 Monaten schnell, ob das der richtige Weg für sie ist. Die tatsächlich «konsequente ökologische Landwirtschaft» wurde von ihnen nie in Frage gestellt. Den Menschen ist klar, dass der konsequente ökologische Weg für sie richtig ist.
Bei uns geht es um feine Kräftewirkungen in der Natur…
Wir sind eine biodynamische Ausbildung, die auf die Anthroposophie und auf Rudolf Steiner zurückgeht, dafür braucht es einen erweiterten Horizont. Bei uns geht es um feine Kräftewirkungen in der Natur. Es gibt auch Menschen, die mit diesen Inhalten nichts anfangen können.
Welchen Einfluss hat die Selbstreflexion auf den Reifeprozess, um sich auf eine biodynamische Ausbildung einzulassen?
Das ist genau das richtige Stichwort! Sich öffnen können, das taucht immer wieder auf. Damit alle Informationen in den Kursen nähergebracht werden, findet keine reine Wissensvermittlung statt.
«Dass sie als Menschen mit einem guten Draht zu sich selbst in das Berufsleben gehen.»
Sondern es wird auch «Menschen bildend» gearbeitet, so dass die Auszubildenden sich nach diesen vier Jahren souveräner und selbstbewusster entwickelt haben. «Dass sie als Menschen mit einem guten Draht zu sich selbst in das Berufsleben gehen.» Denn ob ein Betrieb erfolgreich geleitet wird oder nicht, dafür ist nicht nur das Handwerk, das erlernt wird, entscheidend, sondern die sozialen Eigenschaften machen den Grossteil dafür aus. Also, wie die Menschen in der Lage sind miteinander zu arbeiten und Konzepte zu entwickeln.

Hier sehe ich Parallelen zu der Weiterbildung «Meisterschaft authentischer Naturpädagogik». Denn es reicht nicht Bäume auswendig zu lernen und reines Fachwissen zu vermitteln. Es geht um das Verstehen und die Verbundenheit mit der Natur; «Eins sein» mit der Natur. Und wo geht das am besten, als in der Natur selbst. Welche Einstellung und Verbundenheit braucht es, um für die biodynamische Landwirtschaft die richtige Philosophie zu leben?
Wenn ich vor den Lehrlingsgruppen jeweils stehe, bin ich immer wieder erstaunt, welche idealistische Haltung die Menschen mitbringen. Das ist dann tatsächlich das bemerkenswerte, was unsere biodynamische Ausbildung in hohem Masse leisten kann. Wir können diesen jungen Menschen einen Weg anbieten, in dem wir ihnen sagen:» Toll, dass ihr voller Ideale seid, denn ihr müsst nicht 5 bis 10 Jahre mit diesen Idealen rumlaufen, um sie dann über Bord zu werfen.» Sondern wir
» Toll, dass ihr voller Ideale seid, denn ihr müsst nicht 5 bis 10 Jahre mit diesen Idealen rumlaufen, um sie dann über Bord zu werfen.»
bieten ihnen einen Weg an, wo diese Ideale Grundlage für eine sinnvolle Arbeit an der Natur und für Mensch ist.
Was geben sie den Ausbildenden auf den Weg mit?
Wir geben ihnen ein echtes Handwerkszeug auf den Weg mit und machen ihnen Mut. Denn sie lernen während ihrer Ausbildungszeit sehr viele Betriebe persönlich kennen, nicht nur Informationen. Der Unterricht findet jeweils auf Demeter Höfen statt.
Wie verbinden sie die vor Ort Praxis 1:1 mit dem Informationsinhalt auf den Demeter Höfen bei den Auszubildenden?
Die Auszubildenden reisen in ihrer Region jeden Monat zu einem viertägigen Seminar zu den Demeter Höfen. Die Hauptreferenten sind die Bauern selbst, die dort auf dem Hof leben. Das gibt den Menschen einen sehr tiefen Einblick zu der Frage, «Was heisst es
Das schärft ihren Blick auf den gesamten Inhalt dieser Ausbildung.
biodynamischer Landwirt zu sein?» Damit verbunden erfahren sie, vor welchen Schwierigkeiten man als Landwirt aus wirtschaftlicher und finanzieller Sicht steht. Das schärft ihren Blick auf den gesamten Inhalt dieser Ausbildung. Mittlerweile stellen wir eine bedeutende Ausbildungsrolle im Nachwuchspool dar, denn in der konventionellen Landwirtschaft werden immer weniger Menschen ausgebildet.

Meinen Sie, dass in der nachhaltigen Landwirtschaft, die Ausbildungen mit noch mehr Know-how ausgebaut werden sollten oder braucht es etwas Anderes? Wenn ja, was?
Mit der «Bäuerlichen Bildung und Kultur GmbH», die wir kürzlich gegründet haben, haben wir die Möglichkeit, die verschiedenen Bildungsinitiativen in Deutschland neu zu koordinieren. Neu bieten wir dieses Jahr zum ersten Mal eine Unternehmensschulung an. Leitungsfunktionen erhalten an vier Modulen über ein Jahr verteilt, die Ergänzungsbegleitung in Form eines Coachings. Hier werden sie ganz konkret in betriebswirtschaftlichen und fachlichen Fragen begleitet.
Neu bieten wir dieses Jahr zum ersten Mal eine Unternehmensschulung an
Denn die Berufsausbildung als biodynamischer Landwirt zum Einstieg ist das eine. Betrachtet man jedoch die Biographie eines Betriebsleiters auf einem Demeter Hof, erkennen wir, dass es noch mehr Ausbildungen braucht.
Welchen Bedarf gibt es sonst noch, der ihnen aus der Praxis gemeldet wird?
Wir denken auch an ein Mentoring Programm für Betriebsleiter, die bereits seit drei bis vier Jahren im Betrieb sind. Wir möchten mit Menschen, die bereits seit 30 Jahren im Betrieb sind und die erste Pionier Phase auf ihrem Hof geschafft haben, eine Meisterschaft für die jüngeren Betriebsleiter entwickeln. Unsere Senioren, die kürzer treten wollen, jedoch unheimlich viel Wissen vermitteln können, treten als Mentoren auf. In diesem Programm werden Paare aus einem Junior und Senior Betriebsleiter gebildet. Mittels Tagungen werden diese Paare von uns begleitet.

Wie sehen sie dieses Komplettpaket in ihrer biodynamischen Szene mit Ausbildung, Praktikum, Fortbildung und Studium bestätigt?
Wir sind immer wieder neu gefordert und beobachten die Erfordernisse der Zeit. Die Gründung der Ausbildungs GmbH ist in dem Sinne keine Kursänderung. Was für uns wirklich interessant ist, dass wir in der biodynamischen Ausbildung immer mehr interessierte jungen Menschen haben.

An dieser Entwicklung sehen wir das Ausbildungspaket wirklich in hohem Masse bestätigt. Das merken wir auch daran, dass wir jedes Jahr mehr Interessierte haben, als wir Plätze anbieten können. Das ist auch eine tolle Bestätigung, dass das richtig ist, was wir machen.
Welche Visionen haben sie noch als Herausforderung für die biodynamische landwirtschaftliche Ausbildung?
Es gibt eine Vision, aber das ist schon ein sehr grosses Ziel für uns. Ich würde gerne mit dem ganzen Ausbildungserscheinungsbild, mit dem wir nach Aussen treten, noch stärker kommunizieren. Darunter verstehe ich die Inhalte, die wir vermitteln, für Menschen, die sich für uns interessieren, noch präziser und anschaulicher darzustellen. Konkret würde das heissen, die Ausbildung, die wir anbieten, ist die Vorbereitung auf ein Leben in der biodynamischen Landwirtschaft.
Die Visionsidee von mir wäre ein Orientierungsjahr anzubieten…
Es bleibt jedem selbst offen, welchen Weg er nach der Ausbildung geht. Jedoch wäre es mir wichtig, etwas weniger zu kommunizieren, dass wir eine Zeit anbieten, in der man menschlich und biographisch begleitet wird und eine Findungsphase für sich selbst sucht. Quasi mit dem Gedanken: Ein Leben im Grünen ist schön und als Mensch zu sich selbst spricht: «Och, das mache ich mal eine Weile!» Die Visionsidee von mir wäre ein Orientierungsjahr anzubieten, um dann im Anschluss in Entwicklungsgesprächen zu erkennen, ob diese biodynamische Ausbildung das Richtige ist. Damit ist kein Ausgrenzen gemeint, sondern wirklich schauen, ob die Ausbildung für den eigenen Weg passt.
Redaktionsleitung: Christoph Lang, Nadja Hillgruber
Interview, Gestaltung und Umsetzung: Nadja Hillgruber, www.infothek-waldkinder.org
Bildnachweis: Fotos Jakob Ganten, Demeter
Das digitale Fachblatt ist in seinem 8. Erscheinungsjahr

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